10.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ankläger mit hohem Ethos

Staatsanwalt Karl-Peter Jostmeier geht in den Ruhestand


Bielefeld (uko). Als Ankläger erreichte er mit 13 Jahren Haft das höchste Urteil, das im Nachkriegsdeutschland gegen einen Betrüger gesprochen worden ist: Staatsanwalt Karl-Peter Jostmeier ist trotz solchen Erfolges immer Pragmatiker geblieben. Jetzt hat er nach 32 Jahren Dienst als Staatsanwalt seinen Schreibtisch geräumt. Ende Juni geht der 63-jährige Jostmeier in den vorzeitigen Ruhestand.
Der gebürtige Berliner trat 1973 in den Dienst bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld ein und gehörte nach der Tätigkeit in einem allgemeinen Dezernat schon zwei Jahre später mit einer Planstelle zu den ersten Anklägern in der Schwerpunktabteilung für Wirtschaftskriminalität, die im Jargon der Juristen nur als »Sechs« bezeichnet wird. Nach einem Abstecher in ein »Feld-Wald-und-Wiesen-Dezernat, das niemand haben wollte« kehrte Jostmeier 1985 endgültig in die »Sechs« zurück. Seine Weigerung, die Erprobungsphase beim Generalstaatsanwalt in Hamm zu absolvieren, brachte Karl-Peter Jostmeier zwar keine Freunde bei Vorgesetzten ein - sich selbst ist er dabei aber treu geblieben.
Respekt und Achtung der Kollegen erwarb sich der auch bei Richtern und Rechtsanwälten überaus beliebte Jostmeier indes vor allem durch Kontinuität und die hohe Qualität seiner Arbeit. »Ich bin kein juristischer Hochseilakrobat oder Erbsenzähler gewesen«, sagt Karl-Peter Jostmeier bescheiden, »ich habe die Arbeit immer unter dem Gesichtspunkt praktikabler Lösungen gesehen.« Anders seien die in der »Sechs« bearbeiteten Großverfahren auch gar nicht in den Griff zu bekommen. Jostmeiers Credo: »Jahrelange Verfahren bringen weder dem Straftäter noch der Justiz etwas ein, sie sind unwirtschaftlich.«
Dabei pocht er auf ein staatsanwaltschaftliches Ethos, das trotz des Etiketts der »objektivsten Behörde« auch dem Wunsch der Öffentlichkeit nach härterer Bestrafung Rechnung tragen sollte. Um den Rechtsstaat, der sich nach seiner Ansicht eher »zum Rechtsmittelstaat« entwickelt, macht er sich ebenso Sorgen, wie er bei Rechtsanwälten die Entfernung vom Organ der Rechtspflege beklagt: »Sie betreiben Prozessdestruktion im Interesse des eigenen Geldbeutels.« Gern erinnert sich Karl-Peter Jostmeier daher an den Angeklagten, der nach dem miserablen Plädoyer seines Verteidigers dem Ankläger Jostmeier Lob zollte: »Ich schließe mich den Worten des Staatsanwalts an.«
Karl-Peter Jostmeier wird seine Zeit noch intensiver als bisher zu Aktivitäten wie (Rad)wandern, Skilaufen und Tennis nutzen. Und einigen namhaften Juristen wird er weiterhin im Doppelkopf ein gepflegtes Re und Kontra geben.

Artikel vom 10.05.2005