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Schumanns Weg
zurück ist weit

Der Olympiasieger will kämpfen

Pliezhausen (dpa). Als Nils Schumann beim Leichtathletik-Meeting im schwäbischen Pliezhausen durch die Zuschauer schlendert, schüttelt er ein paar Hände. Angesprochen wird der Schlaks mit dem kahlen Kopf, der beigen Cordhose und der braunen Strickjacke kaum.
Erst als er am Mikrofon steht und ein Interview gibt, wird es plötzlich still auf der Anlage. Fast war er schon in Vergessenheit geraten, der Olympiasieger von Sydney über 800 m und »Sportler des Jahres« 2000. »Ich hatte oft Angst, dass ich nie wieder laufen kann«, sagt Nils Schumann. »Aber meine Zeit ist noch nicht vorbei.«
Der größte Patient der deutschen Leichtathletik ist auch immer noch einer ihrer wenigen Hoffnungen. Auch wenn Schumann, 26, im Vorjahr fast nur mitleidige Blicke auf sich zog und sich oft verkroch. Bei den Hallen-Meisterschaften im Februar 2003 in Leipzig bestritt er zuletzt ein ernsthaftes Rennen. Nach der ersten Achillessehnen-Operation im Juli des selben Jahres folgte eine zweite im vergangenen November. Eine Entzündung hatte Gewebe, Sehne und Fersenknochen angegriffen. Schumann bekam manchmal Panik, ob er mit 35 überhaupt noch wird rennen können.
Eine spezielle Elektrotherapie und viel Geduld halfen ihm wieder auf die Beine. »Ich bin wieder zu 98 Prozent fit«, sagt der Europameister von 1998 heute. »Aber der Weg zurück an die Weltspitze ist noch ein ganzes Stück länger als jener, den ich bis hierher gegangen bin.« Immerhin habe er jetzt wieder den Lebensrhythmus eines Leistungssportlers. Er hat vier Kilo abgenommen, ergänzt sein neuer Trainer Volker Beck, und sehe wieder aus wie ein Athlet.
»Es macht mich auch als Mensch zufriedener und ausgeglichener, wenn ich morgens wieder eine Stunde laufen kann«, erklärt Schumann. Mit seiner Freundin Corina Fink, einer Sprinterin, wohnt er nun in Glashütten im Taunus. Bei der LG Eintracht Frankfurt und 400-m-Hürden-Bundestrainer Volker Beck hat er eine neue sportliche Heimat gefunden. 2005 sieht das neue Gespann als Übergangsjahr. Der mehrfache deutsche Meister hat sich vorgenommen, keinen Zeitplan aufzustellen. »Aber mein Ziel ist es, in diesem Jahr noch Wettkämpfe zu bestreiten.« 2006 mit der Europameisterschaft in Göteborg, da hofft Schumann, wieder auf die internationale Bühne zurückkehren zu können.
Und 2008 in Peking, verriet er kürzlich in einem Anflug von Optimismus, würde er gerne »mit dem zweiten Olympia-Gold eine sportliche Legende werden«.

Artikel vom 10.05.2005