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Kinderunterhalt hat Vorrang

Reformentwurf: Geschiedene Ehefrauen werden eher für sich sorgen müssen

Berlin (dpa). Bei der Verteilung von Unterhaltszahlungen sollen die Ansprüche von Kindern künftig absoluten Vorrang haben. Geschiedene Ehefrauen werden nach Plänen von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) hingegen von 2006 an eher für sich selbst sorgen müssen.
Sie könnten dann nicht mehr in dem Maß wie bisher auf finanzielle Unterstützung des Ex-Manns vertrauen. Zypries stellte gestern eine Reform des Unterhaltsrechts vor, mit der sie auf die immer höhere Zahl von Scheidungen und minderjährigen Sozialhilfeempfängern reagiert. Während die Bevorzugung der Kinder unumstritten ist, wurde hingegen auch in der rot-grünen Koalition der Vorschlag kritisch aufgenommen, Unterhaltsansprüche der Geschiedenen eher begrenzen zu können. Das Gesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden.
Bislang standen die Ansprüche von Kindern mit denen von geschiedenen oder gegenwärtigen Ehegatten lediglich gleich. Das hat mit dazu geführt, dass Ende des Jahres 2003 in Deutschland 1,08 Millionen Kinder und Jugendliche Sozialhilfe erhielten, weil der Unterhalt der Eltern nicht ausreichte.
Wenn nun in Zukunft das Geld des Unterhaltspflichtigen nicht für alle Unterhaltsberechtigten ausreicht, sollen zunächst die Kinder die ihnen zustehende Summe voll erhalten. Erst danach würde Geld an die geschiedene Frau, die die Kinder betreut, oder einen Ehegatten nach langer Ehedauer gezahlt werden.
Einem geschiedenen Ehepartner konnte nach bisheriger Rechtslage von den Familiengerichten eine Arbeitsaufnahme nicht zugemutet werden, so lange das Kind nicht acht Jahre alt ist. Dies soll sich nach dem Willen von Zypries nun ändern: Dem Familienrichter soll mehr Flexibilität bei der Bemessung des so genannten Betreuungsunterhalts ermöglicht werden. Insbesondere geschiedene Frauen würden dann eher gezwungen werden können, sich schneller nach der Scheidung eine Beschäftigung zu suchen.
Auch eine Abweichung vom Lebensstandard in der Ehe soll eher zumutbar sein. Zypries bezeichnete dies als »Stärkung der nachehelichen Verantwortung«.
Anders als bei den geschiedenen Ehefrauen sollen im neuen Recht die Interessen der unverheirateten Mütter besser gewahrt werden. Ihnen soll die Möglichkeit eröffnet werden, sich länger als drei Jahre ausschließlich der Betreuung des Kindes zu widmen.
Der private Konkurs allein befreit nicht von Unterhaltszahlungen. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Koblenz hervor. Demnach wird von dem so genannten Verbraucherinsolvenzverfahren das laufende Einkommen nicht erfasst, soweit es unpfändbar ist. Dieser Einkommensteil stehe aber weiterhin für Unterhaltszahlungen zur Verfügung, urteilten die Richter.
Anders als gewöhnliche Schulden müssten Unterhaltsverpflichtungen auch aus dem juristisch unpfändbaren Teil des Einkommens erfüllt werden.
Der Zahlungspflichtige werde erst dann leistungsfrei, wenn er plausibel darlegen könne, warum er trotz regelmäßigen Einkommens nicht zur Unterhaltszahlung in der Lage sei. Az.: 7 UF 900/04

Artikel vom 10.05.2005