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Lauretta bleibt verschwunden

Eltern flehen unbekannte Entführerin um die Rückgabe des Säuglings an

Leverkusen (dpa). Zwei Tage nach der Entführung eines Neugeborenen aus einer Leverkusener Klinik haben die Eltern die unbekannte Täterin um Rückgabe ihres Mädchens Lauretta angefleht.

»Bitte geben Sie unsere Kleine möglichst schnell zurück«, appellierten die Eltern am Freitag vor laufenden Fernseh-Kameras in der Klinik, wie der Chefarzt der Abteilung für Gynäkologie, Anton Humrich, am Freitag sagte. Von dem Säugling und der etwa 40 Jahre alten Frau, die ihn am Mittwoch als vermeintliche Hebamme aus den Armen der Mutter mitgenommen hatte, fehlte trotz zahlreicher Hinweise jede Spur. Die Klinik setzte eine Belohnung von 5000 Euro für Hinweise aus, die zur Rückkehr des Babys oder der Ermittlung der Täterin führen.
Das Mädchen war fünf Stunden nach seiner Geburt aus dem Krankenhaus in Leverkusen-Opladen in Anwesenheit von vier Personen aus einem Patientenzimmer entführt worden. Die ganz in Weiß gekleidete Unbekannte hatte sich als Klinikpersonal ausgegeben. »Sie hat der Mutter sogar noch zur Geburt gratuliert und gefragt, ob sie stillen möchte. Überhaupt hat sie sich wohl sehr selbstbewusst gegeben«, sagte Chefarzt Humrich.
Neben der Mutter - einer 35-jährigen Kosovo-Albanerin - und ihrer 11-jährigen Tochter waren noch eine Bettnachbarin und deren Mann zur Tatzeit im Zimmer. Niemand schöpfte Verdacht. Erst als eine Stunde später die echte Hebamme kam, wurde klar, dass der Säugling entführt worden war. Die Unbekannte sprach Deutsch mit Akzent und könnte laut Polizei dem Aussehen nach aus dem Balkan stammen. Nach Veröffentlichung eines Phantombilds gingen zahlreiche Hinweise ein, die aber zunächst keine heiße Spur brachten.
Es sei auch nicht auszuschließen, dass die Täterin aus dem Klinikumfeld komme, teilte die Polizei mit. »Wir überprüfen auch alle Fehlgeburten in der Umgebung«, sagte Pressesprecher Rolf Sternke. Nach Worten des Kriminologen Christian Pfeiffer aus Hannover sind Täterinnen bei Säuglingsentführungen häufig psychisch angeschlagene kinderlose Frauen, die sich mit ihrer Tat ihren Kinderwunsch erfüllen wollen. Die Aufklärungsquote bei diesen Straftaten sei sehr hoch.
Das Säuglingszimmer in der Leverkusener Klinik sei »hermetisch abgeriegelt« und werde rund um die Uhr bewacht, betonten Polizei und Klinikleitung. »Wir sind aber als Krankenhaus ein öffentlicher Raum und können nicht alle Zimmer überwachen lassen«, sagte Chefarzt Humrich. Die Eltern seien nach dieser Tragödie »traurig, aber gefasst.«
Um Säuglingsentführungen zu verhindern, nutzt das Universitätsklinikum in Lübeck ein Alarmsystem, bei dem Ein- und Ausgänge bei Wochenstationen per Antennen und einer Radiowellenfrequenz kontrolliert werden. Neugeborene, ihre Mütter und das Personal tragen einen Chip, der Signale aussendet. Sobald ein Baby, das am Körper einen etwa uhrengroßen Chip trägt, in die Nähe eines Ausgangs gelangt, wird ein Impuls ausgesendet. Das System ist nach Angaben der Herstellerfirma Syntron (Lehrte) auch für andere Kliniken in Vorbereitung.

Artikel vom 07.05.2005