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Der angeschossene Torjäger

FC Schalke 04 kommt nach Bielefeld: Ailton wieder nur zweite Wahl?

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Also spricht Ailton: »Spiel gewinnen - immer gut. Spiel verlieren - nicht gut.« Diese schlichte Sicht des Brasilianers hat was. Sie ist sofort einleuchtend und durchaus nachvollziehbar. Bleibt aber nur die Frage: Wie ist das, wenn Ailton mal gar nicht spielt? Schlecht, ganz schlecht.

So fühlte sich der vom Trainer gestoppte Torjäger in den vergangenen Tagen. Ralf Rangnick hatte ihn doch tatsächlich beim Schalker Heimspiel gegen Bayer Leverkusen zunächst nur auf die Bank gesetzt. Und dann nicht einmal in der Schlussphase gebracht. Eine Demütigung für einen wie Ailton, der natürlich beleidigt reagierte.
Er lief sich nicht warm wie die anderen Reservisten, nein, er machte es sich hinter dem Tor bequem. »Der lag da wie im Freibad«, tobte Rangnick anschließend. Ja, wenn ein Fußball-Meister und Torjäger baden geht: Das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber FC Schalke 04 und seinem bestens bezahlten Angestellten ist spätestens seitdem endgültig nicht mehr wasserdicht.
An diesem Samstag, wenn die Königsblauen in Bielefeld antreten, hört Ailton den Anpfiff wahrscheinlich wieder nur auf der Ersatzbank. Er selbst würde sich immer aufstellen: »Aber der Trainer sieht das wohl etwas anders.«
So ist es. Die Schonzeit für den exzentrischen Angreifer ist vorbei. Rangnick verteilte unter der Woche noch ein paar kräftige Watschen für den Südamerikaner: »Es geht hier nicht um einzelne Spieler, es geht um den Erfolg der Mannschaft.«
Manager Rudi Assauer verliert ebenfalls langsam aber sicher die Geduld: »In der Analyse machen wir vor keinem Namen halt. Sind wir der Meinung, dass es für Verein und Spieler besser ist, wenn man sich trennt, dann wird das auch durchgezogen.« Wie Assauer starken Worten auch knallharte Taten folgen lassen kann, mussten zuletzt Emile Mpenza und Jörg Böhme erfahren. Sie tanzten laufend aus der Reihe, wurden zu Störfaktoren - und abgeschoben.
Das könnte Ailton auch passieren. Der Brasilianer, Vertrag bis 2006, hat die Gefahr erkannt und verkündete in einem »Bild«-Interview jetzt späte Einsicht: »Ich bin kein Faulpelz. Ich möchte weiter für Schalke spielen. Am liebsten in der kommenden Saison in der Champions League.«
Genau so hatten es sich die königsblauen Macher ja auch gedacht: Wir holen uns den besten Liga-Torjäger und der schießt uns in die Königsklasse. Mit seinen 13 Treffern ist Ailton zwar immer noch der beste Schütze, aber leider wurde er jetzt schon seit 330 Minuten nicht mehr umjubelt.
Pech für den Brasilianer. Denn damit gehen ihm die »trefflichen« Argumente aus. Mit der bisherigen Nachsicht seiner Vorgesetzten darf er deshalb auch nicht mehr rechnen. Dabei wussten sie genau, wen sie da engagiert hatten: einen launischen Angreifer, dessen Vorstellungen sich nicht selten zwischen Welt- und Kreisklasse bewegen. Und der mit 31 Jahren den erfolgreichsten Sturmlauf seines Lebens wahrscheinlich schon hinter sich hat. Als er in der Saison 2003/2004 Werder Bremen mit 28 Treffern zum Meister machte.
Die »Tor-Maschine«, die aus dem hohen Norden kam. Im Wilden Westen schießt Ailton längst nicht mehr so scharf - und wird stattdessen von allen Seiten angeschossen. Vom Manager. Vom Trainer. Sogar von den Kollegen. Das mag er gar nicht. Das macht ihn wütend. Das macht ihn ehrgeizig. Denen wird er's schon zeigen.
Der Brasilianer, stolz und eitel, er sieht sich immer in der Hauptrolle - und niemals als zweite Wahl. »Ich, Ailton« sagt Ailton, wenn er zu Monologen über Ailton ansetzt. Doch Worte helfen dem Tabellenzweiten FC Schalke 04 im Liga-Endspurt nicht mehr weiter. Nur Tore. Auch die von Ailton.

Artikel vom 07.05.2005