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Ein sehr weit gespannter Bogen

Eröffnung der Corveyer Musikwochen mit »Guernica« von Steffens und Beethovens 9.

Höxter (WB). Die 51. Corveyer Musikwochen, die am kommenden Wochenende eröffnet werden, stehen unter dem Thema »Erinnerung und Vision«.

Ist es einerseits die unvergleichliche Atmosphäre in Corvey, die die Besucher in die 1200jährige Vergangenheit eintauchen lässt, so ist es andererseits das in diesem ältesten Musikfestival Ostwestfalens immer wieder anzutreffende Zusammenspiel von Raum und Klang, in der Verbindung und Auseinandersetzung mit unserer fernen und nahen Vergangenheit im Spiegel der Musik.
Für 2005 steht die 60. Wiederkehr des Kriegsendes am 8. Mai am Beginn der Musikwochen.
Die Eröffnung der 51. Corveyer Musikwochen »Im Dialog mit der Zeit« findet am Samstag, 7. Mai um 19 Uhr, im Kaisersaal von Corvey statt. Neben der Eröffnung der Ausstellungen »Entartete Musik« und »Pablo Picasso: Das Antlitz des Friedens«, eingeführt durch den Berliner Musikwissenschaftler Dr. Albrecht Dümling (das WB berichtete), kommen das Streichquintett in F-Dur von Anton Bruckner, das Adagio Opus 11 von Samuel Barber und das spätromantische Meisterwerk »Verklärte Nacht« von Arnold Schönberg zur Aufführung.
Das renommierte Ensemble »I Musici Fiamminghi« in kammermusikalischer Besetzung unter der Leitung von Rudolf Werthen ist bekannt für seine meisterhaften Interpretationen, verbunden mit einem sonoren und warmen Klang. Der Schauspieler Heiko Grosche eröffnet mit Balladen von Goethe, Uhland und Schiller eine weitere Dimension der Eröffnung, bei der Musik und Sprache in lebendiger Verbindung stehen.
Musikalischer Höhepunkt im Gedenken an den 8. Mai ist das »Festkonzert 60 Jahre Kriegsende« in der Corveyer Abteikirche am Sonntag, den 8. Mai um 17 Uhr.
Mit der Bildvertonung zu Picassos Guernica des Komponisten Walter Steffens und der 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven entstand ein für die Region einzigartiges Konzertprogramm. Es spannt den Bogen von der Bombardierung der baskischen Stadt Guernica 1937 durch deutsche und italienische Bomber bis zur europäischen Einigung in der Nachkriegszeit, symbolisiert durch Friedrich Schillers Dichtung »An die Freude«, der am 9. Mai 2005 seinen 200. Todestag hat. Mit der Uraufführung der von Prof. Walter Steffens vertonten Corveyer Inschrift (Anrufung, Opus 91, ein Auftragswerk des Kulturkreises) bekommt das Konzert zusätzlich eine außergewöhnliche künstlerische Sprache und Gegenwart.
Der Komponist Walter Steffens, 1934 in Aachen geboren, erlebte die Schrecken des 2. Weltkrieges in seiner Kindheit mit. 1976 schuf er anlässlich des 40. Jahrestages der Bombardierung von Guernica eine Bildvertonung zu Picassos Gemälde, eine Elegie für Solo-Bratsche und Orchester. Steffens Werk ist damit einerseits eine musikalische Reflexion von Picassos Kunstwerk, andererseits ein Werk, das seine Intensität auch aus persönlichen Erinnerungen an die Schrecken des Krieges speist. Steffens Bildvertonung lässt sich für seine musikalische Aussage nicht lediglich von Picassos Kunst inspirieren, sondern hat selbst eine visuell-grafische Komponente. Das Bildbeispiel zeigt, wie das Partiturbild nicht nur musikalisch, sondern auch grafisch einen Fliegerverband wiedergibt.
Nach der Zerstörung werden die Gebete wieder aufgenommen, es folgt der zweite Teil der Anrufung. Die Überlebenden leben weiter im Sinne des Spruchs »Ich verstehe dich nicht, o Gott, aber ich vertraue dir«. Dieser Gedanke findet Ausdruck in dem hymnischen Schluss der Anrufung über den Gesang des Erzengels Raphael im »Prolog im Himmel« aus Goethes Faust I »Die Sonne tönt nach alter WeiseƉ«. Trotz allen Übels in der Welt kann der Glaube und die Hoffnung auf einen höheren Sinn nicht zerstört werden. In dieser Weise nimmt Steffens auf ganz persönliche Art und Weise Bezug auf den emphatischen Schluss-Satz von Beethovens Symphonie Nr. 9 über Schillers Ode an die Freude.
In der Abteikirche von Corvey treten unter der Leitung von Rudolf Werthen auf die Philharmonie Südwestfalen, der Philharmonische Chor Lippe, der Akademische Chor der Technischen Universität Stettin, die Solisten Pamela Hamblin (Sopran), Annette Wurm (Alt), Juan Carlos Falcón (Tenor), Volker Schrewe (Bariton/Bass), sowie die französische Bratschistin Karine Lethiec.
Vorverkauf: Kulturkreis Höxter-Corvey % 05271/694010, 68120
Telefax: 05271-694 400
Internet: www.schloss-corvey.de
Email: empfang@schloss-corvey.de Touristik- und Kulturinformation der Stadt Höxter
Historisches Rathaus, 37671 Höxter % 05271/19433, info@hoexter.de

Artikel vom 05.05.2005