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Franzosen-Sänfte von zeitloser Schönheit

Hans-Ulrich Tienemann hat 33 Jahre alten Citroen DS 20 vier Jahre lang restauriert

Von Rainer Grotjohann
Bünde/Kirchlengern (BZ). Auf fast fünf Meter Länge streckt sich die Karosserie, der bordeaux-rote Lack glänzt wie neu, der Motor schnurrt, als käme er frisch vom Band. Dass der Citroen DS 20 knapp 33 Jahre auf dem Buckel (und 142 000 Kilometer auf dem Tacho) hat, sieht man dem geschmeidigen Franzosen nicht an. Kein Wunder, hat Hans-Ulrich Tienemann doch volle vier Jahre an seinem »Schätzchen« gearbeitet.

Der 45-Jährige aus Kirchlengern ist vom Fach, als Kfz-Mechaniker arbeitet er in einem Bünder Autohaus und legt auch nach Feierabend Schraubenschlüssel und Flex nicht aus der Hand. 1992 kaufte er den DS 20 für 1000 Mark. Er ist der sechste Halter der automobilen Schönheit. »Der Kfz-Brief ist voll«, schmunzelt der Familienvater. Der Zahn der Zeit, besser, der Rost, hatte damals mächtig an der Limousine genagt: Innenbleche, Verstrebungen, Teile des Kastenrahmens mussten erneuert werden. Der unverwüstliche Motor und das halbautomatische Vier-Gang-Getriebe hingegen hatte die Zeit gut überstanden. Als Tienemann schließlich den durchgesessenen Sitzen neue Schaumstoffkerne anpassen und den Wagen komplett neulackieren lassen konnte, hatte er etwa 2000 Stunden investiert.
Und kann seitdem die Früchte seiner Arbeit genießen. Bei Ausfahrten in einem Wagen von zeitloser Schönheit und mit technischen Finessen, die bei Neuwagen auch heute noch längst nicht Standard sind. Ein Beispiel: Das (Abblend-)Kurvenlicht ist heute erst bei wenigen Luxusmarken für viele Euros zu haben, beim DS 20 war es schon 1972 Standard, ebenso die hydropneumatische Federung.
Eine komplett geschlossene Bodenplatte schützt die ganz auf Fahrkomfort ausgelegte französische Sänfte, die Stoßfänger sind aus rostfreiem Edelstahl und Servolenkung hat er auch schon - selbst im fünften Jahr des 21. Jahrtausends längst noch nicht Standard bei allen Neuwagen.
Der exakt 4,93 Meter lange Wagen ist beileibe kein Schwergewicht, auch weil das Dach des Franzosen komplett aus Kunststoff und die Motorhaube aus Aluminium gefertigt wurde. Das drosselt den Benzindurst auf gerade einmal sieben Liter Super.
Ein bisschen mehr verbraucht er schon, wenn Hans-Ulrich Tiemann dem DS 20 einmal die Sporen gibt. Dann klettert die Tachonadel auf 190. Aber das tut er seinem Oldtimer nur selten an. Als reines Schönwetter-Auto verlässt es nicht allzu häufig die schützende Garage.

Artikel vom 05.05.2005