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William Shakespeare für Eichhörnchen?

»Ausgerechnet Hamlet« mit Champagner schlürfenden TV-Diven


Bünde (öse). »Hamlet live« im New Yorker Central Park - ist das etwa Schulfunk für Jogger oder Shakespeare für Eichhörnchen? Wohl kaum! Letzten Endes ist es der legendäre Mime John Barrymore höchstpersönlich, der dem TV-Serienstar Andrew Rally den richtigen Weg zur Schauspielkunst weisen will. Aber wie geht das, wenn Barrymore längst verblichen ist?
»Ausgerechnet Hamlet«, eine Komödie von Paul Rudnick, entführte die Zuschauer am Dienstagabend in eine Handlung voller Wortgefechte und Wirrungen, witziger Sprüche und stimmgewaltiger Szenen. Die insgesamt sechs Akteure der »Komödie am Marquardt« aus Stuttgart verstanden es allesamt in großartiger Manier, den Glanz der Shakespeare-Epoche mit der Realität wortgewaltiger Manager und Champagner schlürfender TV-Diven zu verflechten.
Allen voran Reinhart von Stolzmann als John Barrymore: Stattlich und maskulin erscheint sein Astralleib in seiner ehemaligen Wohnung, die von der Agentin Felicia Dantine (Stefanie Stroebele) und anderen Serienstars begutachtet wird.
»Geistreich« sind ebenfalls seine Worte, letzten Endes sieht er es als seine - vorübergehend irdische - Aufgabe an, den TV-Akteur Andrew Rally auf die Rolle des Hamlet vorzubereiten. Wessen Auge seine Gestalt erfassen darf, will er bestimmen - allerdings gelingt das nicht ganz bei seiner ehemaligen Freundin Lillian . Die »grande Dame« ehemaliger Bühnenstücke, hervorragend verkörpert von Johanna Hanke, weiß ihn zu meistern.
Matthias Kreß, der sich im wirklichen »Fernsehleben« längst etablierte (so als »schwäbelnder Assistenzarzt in der Serie »Alphateam«) schien mit der Rolle des Andrew wie verschmolzen. Auch Anna Katharina Schmidt brillierte als »Deirdre«, die entzückende Freundin von Andrew. Und last not least Agent Gary alias Nils Weyland. Das »kulturelle Ozonloch«, wie ihn Barrymore nennt, ist mit allen Wassern agentenhafter Kaltschnäuzigkeit gewaschen.
Das Schlusslicht der diesjährigen Theater-Abonnementreihe war ein voller Erfolg. Klar, dass die Zuschauer mit Beifall - ebenso mit Szenenapplaus - nicht geizten. Und so viel ist sicher: Auch die nächste Theatersaison in Bünde dürfte viel Gutes versprechen.

Artikel vom 05.05.2005