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SPD empört über Wolffsohn

Historiker vergleicht Müntefering-Kritik mit Nazi-Hetze

Berlin (Reuters). Der Historiker Michael Wolffsohn hat den Stil der von SPD-Chef Franz Müntefering angestoßenen Kapitalismus-Debatte mit der Nazi-Hetze gegen Juden verglichen und damit empörte Reaktionen aus der SPD ausgelöst.
In der Kritik: Historiker Michael Wolffsohn.
Ohne Müntefering zu erwähnen, bezog sich Wolffsohn in einem Zeitungsartikel auf dessen Vergleich von Finanzinvestoren mit Heuschrecken. 60 Jahre nach Kriegsende würden wieder Menschen mit Tieren gleichgesetzt. »Das sind Vokabeln aus dem Wörterbuch des Unmenschen«, betonte Wolffsohn.
»Der Mann hat sie nicht alle«, erklärte der Bielefelder SPD-Wirtschaftspolitiker Rainer Wend. Sprecher von Müntefering lehnten eine Stellungnahme ab. »Das kommentieren wir nicht, weil sich das von selbst disqualifiziert und an den Haaren herbeigezogen ist«, sagte ein Sprecher. Auch die Parteizentrale lehnte jeden Kommentar ab.
Wolffsohn, der an der Bundeswehrhochschule in München lehrt, hatte in einem Beitrag für die »Rheinische Post« aus Anlass des Kriegsendes am 8. Mai 1945 geschrieben, dass heute alte Denkmuster wieder da seien. »60 Jahre danach werden heute wieder Menschen mit Tieren gleichgesetzt, die - das schwingt unausgesprochen mit - als Plage vernichtet, ausgerottet werden müssen. Diese Plage nennt man heute Heuschrecken, damals Ratten oder Judenschweine.«
Weiter schreibt Wolffsohn: In der größten Regierungspartei kursiere eine schwarze Liste vermeintlich hyperkapitalistischer Unternehmen. »Mindestens zwei sind jüdisch beziehungsweise tragen jüdische Namen. Das wird, anders als damals, natürlich nicht offen erwähnt, doch wer's weiß, der weiß.« SPD-Politiker reagierten empört auf Wolffsohns Äußerungen. NRW-SPD-Chef Harald Schartau sprach von einer unglaublichen Entgleisung. SPD-Vizefraktionschef Michael Müller forderte wie Wend eine Entschuldigung des Historikers.

Artikel vom 04.05.2005