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Depressionen kann sich
Deutschland nicht leisten

Eishockey-WM: Nach dem Fehlstart muss ein Sieg gegen die Schweiz her

Wien (dpa). Mit gesenkten Häuptern, leeren Blicken und schweren Beinen schlichen die deutschen Eishockey-Nationalspieler mucksmäuschenstill durch die Katakomben der Wiener Stadthalle. Sieben Jahre nach dem Sturz in die Zweitklassigkeit herrschte bei der DEB- Auswahl wieder eine Stimmung wie auf einer Beerdigung.
Das 1:2 gegen Kasachstan beim WM-Start in Österreich wirkte schon wie der Anfang vom neuerlichen Ende. Sollte heute (20.15 Uhr/DSF) in der zweiten Vorrundenpartie gegen Tschechien keine Sensation gelingen, käme es 48 Stunden später am Himmelfahrtstag zum Schicksalsspiel gegen die Schweiz. Der Erzrivale könnte das deutsche Team in die Abstiegsrunde und damit auch für zwei Spiele nach Innsbruck schicken, nachdem die Schweizer im Vorjahr in Prag den Weg ins Viertelfinale verwehrt hatten. Das damalige 0:1 war das letzte Länderspiel mit Bundestrainer Hans Zach, unter dessen Regie der Wiederaufstieg und dann drei Viertelfinal-Teilnahmen gelungen waren.
Der Enttäuschung von Prag folgte der möglicherweise fatale Fehlstart von Wien. Zachs Nachfolger Greg Poss hatte zuvor betont, die komplette Vorbereitung sei auf dieses eine Spiel abgestellt. Danach versuchte er, so positiv wie möglich zu bleiben. »Wir haben die maximale Zeit, um das auszubügeln. Wir dürfen jetzt nicht aufgeben und deprimiert sein, dann werden wir uns nur selbst schlagen«, sagte der 39 Jahre alte Amerikaner. »Es hilft uns nicht, auf uns selbst zu hauen. Wir müssen gerade jetzt in dieser schweren Situation unser bester Freund sein.«
Beim Training gestern Nachmittag hatten sich die Mienen schon wieder etwas aufgehellt. »Mental haben wir es ganz gut verkraftet. Wir wissen, dass wir das Spiel abhaken müssen«, sagte Jochen Hecht. Vom Spiel gegen die Schweiz und dem wohl entscheidenden Charakter wollte der NHL-Profi noch nichts wissen. »Wenn wir die Tschechen schlagen, sieht es ganz anders aus«, sagte Hecht. Mit mehr Aufmerksamkeit bei gegnerischen Kontern und noch mehr eigenen Torschüssen soll der haushohe Favorit in Schwierigkeiten gebracht werden.
Im deutschen Tor wird der Krefelder Robert Müller wie angekündigt den Berliner Oliver Jonas ablösen. Bereits nach Hause flog der gar nicht eingesetzte Shayne Wright. An Stelle des Krefelder Verteidigers komplettiert US-Legionär Christoph Schubert von den Binghamton Senators aus der unterklassigen AHL den 25-köpfigen deutschen Kader.
Poss führte bei einer Videoanalyse noch einmal die Schwächen gegen Kasachstan vor, die die Wiederholung des 4:2-Sieges von Prag vor einem Jahr verhindert hatten. Gegen die Kasachen hatte die deutsche Mannschaft zuletzt 1999 bei der B-WM in Kopenhagen mit 1:5 eine Abfuhr erhalten. Nach dem Schock durch das frühe Gegentor von Dimitri Upper (2.) und dem 0:2 durch Jewgeni Koreschkow (18.) traf nur noch Tomas Martinec (40.).

Artikel vom 03.05.2005