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Grüne auf Distanz zur SPD

Bütikofer: Kapitalismus-Kampfrhetorik durch Dialog ablösen

Berlin (dpa/Reuters). Die Grünen sind deutlich auf Distanz zur kämpferischen Kapitalismuskritik von SPD-Chef Franz Müntefering gegangen.
Der Parteivorsitzende Reinhard Bütikofer sagte in Berlin: »Wir wollen die notwendige Wertedebatte um die soziale und ökologische Verantwortung von Unternehmen im Dialog mit der Wirtschaft führen.« Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte: »Firmen müssen Gewinne machen dürfen, sonst gibt es keine Jobs.«
Die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel forderte: »Die Debatte muss viel differenzierter geführt werden.«
Mit dem Vergleich Münteferings von Unternehmen mit Heuschrecken würden auch Firmen verschreckt, die gar nicht gemeint seien: »Es ist sehr schade, dass sich nun auch kleine und mittelständische Unternehmer dem Vorwurf ausgesetzt sehen, sie verhielten sich asozial«, sagte Scheel. Bütikofer sagte zu einer Liste der SPD-Fraktion mit Namen der Investment-Firmen, die in Deutschland Unternehmen aufkaufen, das Strukturproblem dürfe nicht individualisiert werden.
Bütikofer betonte, die Wirtschaft befinde sich im Umbruch und die »Kosten der Restrukturierungskrise« dürften nicht bei den Arbeitnehmern abgeladen werden. Zugleich dürfe die Wertedebatte aber nicht gegen nötige Reformen ausgeschlachtet werden, wie dies am 1. Mai bei den Gewerkschaften angeklungen sei.«
SPD-Parteichef Franz Müntefering hat gestern die Sozialdemokraten aufgerufen, die von ihm angestoßene Debatte über kapitalistische Auswüchse unbeirrt fortzusetzen. Diese grundsätzliche Diskussion sei langfristig anglegt, sagte er gestern vor dem SPD-Parteirat in Berlin. Ihm gehe vor allem um eine Klärung, welchen Einfluss der Staat noch angesichts des Verhaltens mancher Unternehmen nehmen könne. Müntefering sagte unter großem Beifall der Parteiratsmitglieder, er stehe weiter zu seinen Thesen.
SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter betonte, für die SPD stehe die soziale Marktwirtschaft nicht zur Disposition. Welche Konsequenzen die Partei aus der Debatte ziehe, solle erst nach ausgiebigen Beratungen entschieden werden.
Der Streit um die Kapitalismus-Kritik von Franz Müntefering muss nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) nun aufhören. Es müsse endlich »Schluss mit gegenseitigen Schuldzuweisungen« sein, sagte der SPD-Minister gestern bei der Geschäftsführerkonferenz der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in Baden-Baden.
Wichtige Aufgaben erforderten ein einvernehmliches Handeln der Arbeitgeber und der politischen Entscheidungsträger. Die Differenzen zwischen beiden Seiten seien nicht so groß, dass man nicht zu »Lösungen in vielen Bereichen« kommen könnte, sagte Clement.
»Ich kann nicht empfehlen, dass wir aus dem internationalen Kapitalverkehr aussteigen«, betonte er. Es gebe viele positive Beispiele für erfolgreiche internationale Kapitalbeteiligungen an deutschen Unternehmen.
Notwendig sei die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in der Zukunft durch Innovation, Investitionen und Produktion.
Seite 4: Leitartikel

Artikel vom 03.05.2005