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Charmante
Aufforderung
zum Tanz

Lydie Auvray in Zweischlingen

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Quelle (WB). »Komm tanzen«. Dieser Aufforderung wären die Besucher von Zweischlingen am Donnerstagabend am liebsten auf der Stelle gefolgt. Die »Grande Dame« des Akkordeons, Lydie Auvray, gab ihre gewohnt beschwingte Visitenkarte ab.

Walzer, Tango, Lateinamerikanisches, die vertrackte Rhythmik der Karibik Ñ alles holte die in der Normandie geborene und seit 1974 in Deutschland lebende Französin aus dem »Klavier der Armen« heraus. Unterstützt von ihrer Band, den »Auvrettes«, entführte die fast 50-jährige auf der Frühlings-Tour (»Bonjour Soleil«) ihr treues Publikum im 28. Jahr ihrer Bühnenkarriere an die romantischen wie weniger paradiesischen Ecken dieser Erde.
Lydie Auvray braucht nicht viel, um jede Menge Charme zu verbreiten. Ein Hocker, das weiße, vor vier Jahren eigens für sie in »Leichtbauweise« hergestellte Pigini-Instrument vor der Brust Ñ schon zieht die Künstlerin alle Register ihres instrumentalen wie (leider viel zu wenig eingesetzten) vokalen Könnens. Der blonde Lockenkopf schwingt von links nach rechts, der rechte, lang gestreckte Fuß gibt den Takt für jedermann optisch sichtbar an. Mit verträumtem Blick bearbeitet sie den Balg des »Barons«, wie sie ihr Akkordeon liebevoll nennt.
»Ich will, dass man vom leisesten, traurigsten Einzelton bis hin zum lautesten, lebensbejahenden Akkord die ganze Palette hört und fühlt«, sagt die Entertainerin, die schon mit Hannes Wader, Reinhard May und Peter Maffay konzertiert hat, über ihr Solo-Album »Pure«. Ihrer Freundin Elke Heidenreich hat sie sogar ein Lied gewidmet: »Für Else« Ñ eine Hommage an deren lästernde Kunstfigur Else Stratmann.
Mit der CD »Tango Toujours« hat sich die mit dem Martiniquesen Franck Picot verheiratete Mutter einer zwölfjährigen Tochter selbst fast so etwas wie ein musikalisches Denkmal gesetzt. Das Chanson »Ich habe geträumt« ist der jungen Cannabelle gewidmet und verrät etwas über den sozialkritischen Background der »Königin der Quetschkommode«.
Die rund 180 Fans in Zweischlingen erklatschten sich trotz hochsommerlicher Temperaturen im Saal zwei Zugaben (mit hochgesteckter Lydie-Frisur). Und ließen sich nach zweieinhalb Stunden allerfeinster Unterhaltung nicht zweimal bitten, als Lydie Auvray die Losung ausgab: »Sollten Sie jetzt den Wunsch verspüren, ihre Liebste oder Ihren Liebsten in den Arm zu nehmen, dann ist das durchaus normal Ñ und von der Künstlerin erwünscht.«

Artikel vom 30.04.2005