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Aloha, Rock'n'Roll! Braune
Mädel wiegen sich im Tanz

Vier CD: »Elvis-Hits in Deutsch« sorgen für gute Laune

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). In den 50ern fing Amerikas Jugend plötzlich an, infernalischen Krach zu machen. Klar, dass sich die deutsche Musikbranche, damals lachend durch den Schmalz vagabundierend, ruckizucki auf den neuen Trend einstellte, der da hieß: Rock'n'Roll. Ganz konkret: Elvis-Hits in Deutsch!
Knaller auf Scheibe Nummero 1 sind die Versionen von »Mach dich schön« (»Treat Me Nice«), gesungen von Peter Kraus und Wolfgang Rosen.

Unter diesem Titel sind beim ». . . And More Bears«-Label vier einzigartige CDs (88 Songs, 49 Interpreten) erschienen. Denn wo gibt es sonst einen Sampler, auf dem Peter Kraus losfetzt und Bill Ramsey knödelt, Roy Black (wie immer) träumt, während Udo Jürgens abrockt, Knut Kiesewetter ausnahmsweise nicht jazzt und René Kollo - jawohl, der Wagner-Tenor! -Ê sich zum ersten und einzigen Mal in A-wop-bop-a-loo-bop-Gefilde wagt: »Weit, so weit«, nach dem Heuler »Can't Help Falling in Love« aus dem Elvis-Film »Blue Hawaii« (1961).
Immer wieder dank ich dir, dank dir für dein Herz, das doch alles teilt mit mir: Freude, Leid und Schmerz. Wer hat's gesungen? Na, der Gerhard Wendland. Nach welchem Original-Titel? Klaro: »Love Me Tender«, ein Song, wie Sie natürlich wissen, aus dem Streifen »Pulverdampf und heiße Lieder«, in dem Elvis 1956 zornig durchs Präriegras stapft. Freddy Quinn stimmt auf dieser nostalgischen Kompilation übrigens denselben Song an - bitte vergleichen!
Du und ich, braune Mädchen wiegen sich im Tanz, säftelt Kiesewetter in »Silbermond von Blue Hawaii«, und ein gewisser Walter Hilbrecht, der die ansonsten höchst informativen Begleittexte für die Booklets verfasste, mokiert sich über die Tränenseligkeit in den deutschen Coverversionen. Ach ja? Und die englischen Originale? Can't you see, I love you, please, don't break my heart in two (aus »Wooden Heart«/»Muß i denn zum Städtele hinaus«), wimmert Gus Backus, und das zweisprachig. Schluchz.
Auf diesen CDs singen Leute, die kein Mensch mehr kennt. Bobby Rizz alias Aki Haman, zum Beispiel, ruft in Liebesdingen den großen »Manitou« an. Und die Apachen schlagen die Trommel zum Streite.
Will Brandes zieht mit »King Creole« um die Häuser. Ted Herold, der alte Shouter und mit 16 Titeln vertreten, plädierte bereits 1958 - von Adenauers Zensur unbemerkt - für die freie Liebe (»Ich brauch keinen Ring«/»Wear My Ring Around Your Neck«).
Glattbügler Kuhn - Paulchen, du verzeihst die kritischen Worte - stolpert in »Blauen Wildlederschuhen« (»Blue Suede Shoes«) orientierungslos durch die ihm völlig fremden Rhythmen, aber Gerd Böttcher verspricht: »Ich komme wieder« (»It's Now Or Never«), in einem Jahr, dann wird es wieder, so wie es war.
Ja, so schön war's zu Wirtschaftswunderzeiten, die mit jeder Note dieses spaßigen Vier-CDs-Pakets aus den Boxen wehen.

Artikel vom 07.05.2005