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»Zeit der Graumaler ist vorbei«

Immer mehr Bielefelder Hausfassaden strahlen in leuchtenden Farben

Bielefeld (hu). Grau in Grau, Weiß oder vielleicht einmal ein zartes Gelb. Wenn es um die Farbe ihrer Hausfassade geht, sind die meisten Bielefelder Immobilienbesitzer zurückhaltend. Noch. Denn immer öfter leuchten Hauswände in der Stadt in knalligen Farben oder sind sogar künstlerisch gestaltet. Bielefeld, so scheint es, wird bunter.

Auf den ersten Blick scheinen die Fenster krumm und schief in der Wand zu sitzen, weiß und rot heben sich Farbflächen von der Fassade ab. Der Neubau an der Osningstraße in Sieker fällt optisch im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Rahmen - und liegt damit im Trend. »Ich wollte schon immer mal etwas anderes machen, und weil ich in diesem Fall der Bauherr bin, habe ich die Gelegenheit genutzt«, sagt Christian Kupka, Inhaber der Firma CK-Wohnungsbau, die das Gebäude errichtet hat.
Der Berliner Künstler Oliver Kray, der bereits in der Hauptstadt mehrere Häuser individuell verzierte, hat die Gestaltung übernommen. »Ein bisschen bunter, ein bisschen innovativer«, so Kupka, sollen seine Gebäude sein. Auch die, die künftig in Bielefeld entstehen werden.
Kräftige Farben bevorzugt auch Norbert Müller, Geschäftsführer der Bielefelder Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft BGW. Und das ist den aktuellen Projekten der BGW anzusehen. Den Anfang machte das neue Studentenwohnheim an der Arndtstraße, dessen Rot und Orange für Diskussionsstoff sorgten. »Damit muss man leben, und der Zuspruch war zahlreicher als der Protest«, erklärt Müller. Und so sind auch die BGW-Gebäude zum Beispiel an der Heinrichstraße, am Lipper Hellweg und an der Eichenstraße ebenso wie die neue Kindertagesstätte an der Uni farbenfroh gestaltet. »Ruhig knallig« darf es sein, so Müller: »Die Zeit der Graumaler ist vorbei.« Und damit, ist der BGW-Chef überzeugt, entsprechen die Bauten dem neuen Geschmack.
Das Studentenwerk Bielefeld sieht dies anscheinend genau so und entschied sich bei dem Wohnheim an der Jakob-Kaiser-Straße für eine Fassade in Orange und Blau jenseits der Norm. Ebenfalls einen Trend in diese Richtung sieht Peter Schwabedissen, Obermeister der Bielefelder Malerinnung. »Was sich in den letzten Jahren schon in den Wohnungen durchgesetzt hat - weg vom Weiß, hin zu kräftigen Farben - kommt nun langsam auch im Fassaden-Bereich«, beobachtet er. Immer noch stünden Technik und Funktion im Vordergrund, wenn eine Hauswand neu gestrichen oder renoviert werden soll. Aber immer mehr Immobilienbesitzer entschieden sich gegen das übliche Weiß und Grau. »Abgeschreckt werden einige allerdings durch die Gefahr, dass die Wände anschließend beschmiert werden«, sagt Schwabedissen.
Rein rechtlich spricht wenig gegen eine individuellen Gestaltung des Eigenheims - zumindest in Sachen Farbe, wie Bernd Faßbender vom Bauamt erläutert. Einschränkungen könne es durch Gestaltungsfestsetzungen im Bebauungsplan geben. Die beziehen sich jedoch meist auf die Dachgestaltung oder die Architektur des Baukörpers selbst. Bei der Auswahl der Farbe gibt es das Verbot von »Verunstaltungen«. Ausnahmen existieren dort, wo es Denkmalschutzbestimmungen gibt oder zum Beispiel in der Altstadt im Bereich des Alten Marktes.
Wer also seine eigenen vier Wände von außen farblich in Szene setzen will, dem steht meist nichts im Weg. Außer vielleicht die Angst vor der eigenen Courage.

Artikel vom 13.05.2005