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Aushilfslehrer und
Wochenend-Wachmann

Die Jobs der Professoren (20): Dr. Anselmetti


Bielefeld (sas). Schon als Schüler hat sich Dario Anselmetti Geld hinzuverdient. Und als Student war es für den Physikprofessor, der seit fünf Jahren an der Uni Bielefeld im Bereich der Experimentellen Biophysik lehrt und forscht, selbstverständlich, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen.
»Als Schüler hatte ich mehrere Jobs: Ich habe Zeitungen ausgetragen, in den Ferien bei Hoffmann LaRoche die interne Post verteilt, und ich habe auf dem Bau gearbeitet«, erzählt er. Sechs Wochen lang ist er »bei Wind und Wetter« auf einem Gerüst herumgeturnt und hat Handlangerarbeiten geleistet. »Danach wusste ich, dass ich das nicht machen wollte.«
Während seines Studiums in den 80er Jahren in seiner Heimatstadt Basel hat Anselmetti dann den Lehrerberuf getestet. »Ich habe an der Schule Vertretungsunterricht erteilt.« In der Schweiz, erläutert der Physiker, sei das möglich: die Schulleiter haben einen Topf, aus dem sie Aushilfskräfte bezahlen können. »Und weil in der Schweiz alle wehrfähigen Männer zwischen 20 und 40 einmal im Jahr für drei Wochen zum Militär müssen, gab es viele Möglichkeiten, einzuspringen.«
So kam es, dass Dario Anselmetti als Student seinen alten Mathe- und Physiklehrer ersetzte und bereits ein Jahr nach dem Abitur in der Oberstufe Physik unterrichtete. »Man glaubt gar nicht, wie gut junge Studenten sein können.« Immerhin erkannte er nach dieser Tätigkeit als Aushilfslehrer, dass auch dieser Beruf nicht fürs Leben taugte. »Ich wollte nicht den ganzen Tag nur Oberstufenstoff vermitteln, ich wollte spannende Experimente und mich am Rande des Machbaren bewegen.« Sein Faible dafür, junge Menschen für sein Fach zu begeistern, ist aber geblieben: Anselmetti hat das Mitmachlabor für Schüler an der Physikfakultät angestoßen.
Neben seiner Lehrertätigkeit hat der damalige Physikstudent am Wochenende für einen Sicherheitsdienst gearbeitet: Er wurde in eine Uniform gesteckt (»Die war einfach häßlich!«), erhielt ein Fahrrad oder Moped und musste in Basel verschiedene Unternehmen - Banken, Versicherungen oder Computerfirmen - kontrolllieren. »Dabei ging es nicht nur darum, einen Einbruch zu verhindern oder zu überprüfen, ob alles in Ordnung war, sondern auch zu kontrollieren, ob es brannte oder Wasserschäden gab.«
Und so richtig Geld verdient, erzählt er, habe er während seiner Promotionszeit: Da hatte er eine Stelle an der Uni Basel, die es erlaubte, aus der Wohngemeinschaft auszuziehen und sich mit seiner damaligen Freundin (und heutigen Ehefrau) eine Wohnung zu nehmen.

Artikel vom 29.04.2005