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Am Arbeitsmarkt bleibt«s düster

Zahl der Erwerbslosen nur knapp unter Fünf-Millionen-Marke gesunken

Nürnberg/Berlin (dpa). Der erstmalige Rückgang der Arbeitslosigkeit unter die Fünf-Millionen-Marke seit Jahresbeginn hat den Streit über die Erfolgsaussichten der Arbeitsmarktreform neu entfacht.

Während SPD und Grüne erste Effekte der Hartz-IV-Reformen sahen, warf die Opposition der Regierung gestern »Schönrednerei« vor. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) hat sich die Zahl der Erwerbslosen im April auf Grund der starken Frühjahrsbelebung um 208 000 auf 4 968 000 verringert. Die Arbeitslosenquote ging um 0,5 Punkte auf 12,0 Prozent zurück.
Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) betonte : »Nach dem 'Kaltstart' und den Startschwierigkeiten im ersten Quartal beginnen die Reformen am Arbeitsmarkt ihre Wirkung zu entfalten. Der Arbeitsmarkt ist auf dem Weg der Besserung.« So sei die Zahl der Langzeitarbeitslosen erstmals leicht zurückgegangen. Zudem machten sich die neuen Vermittlungsbemühungen bei jungen Menschen unter 25 Jahren bemerkbar. Insgesamt lasse der Entlassungsdruck in Betrieben »langsam aber erkennbar« nach.
Dagegen wertete die CDU-Vorsitzende Angela Merkel die jüngste Arbeitslosenzahl als »außerordentlich bedrückend«. »Die Lehre kann nur sein, dass eine neue, in sich geschlossene Arbeitsmarktreform gemacht wird«, sagte die Parteichefin. »Ich glaube nicht, dass die Signale auf einem tragfähigen Aufschwung beruhen.« CDU-Generalsekretär Volker Kauder erinnerte daran, dass noch nie so viele Menschen in einem April arbeitslos gewesen seien. Die CSU sprach von einer »Schreckensbilanz« statt eines Frühlingserwachens.
Der Vorstandschef der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, sagte, die Entwicklung im April sei »noch kein erkennbarer Aufschwung, aber immerhin eine Bewegung in die richtige Richtung«. Anlass zur Hoffnung gebe die saisonbereinigte Zunahme der Erwerbstätigenzahl um 4000 im März. Lasse man jahreszeitliche Sondereffekte außer Acht, dann sei diese Zahl sogar um 102 000 auf 38,66 Millionen gestiegen. Es handle sich dabei aber fast ausschließlich um Ich-AGs, Mini-Jobs und so genannte Ein-Euro-Jobs.
Für den Rückgang der April-Arbeitslosigkeit hätten allein Sondereffekte gesorgt: So habe sich der sonst im März übliche Frühjahrsaufschwung wegen des langen Winters in diesem Jahr auf den April verschoben. Daneben hätten sich 20 000 frühere Arbeitslosenhilfeempfänger, die im Zuge der Hartz-IV-Reform keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hätten, aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. Aus diesem Grund dürfe auch der Rückgang der saisonbereinigten Arbeitslosenzahl um 79 000 auf 4,889 Millionen nicht überschätzt werden.
Nicht in dem von Wirtschaftsminister Clement erhofften Tempo entwickelt sich auch die Schaffung so genannter Ein-Euro-Jobs, mit denen vor allem Arbeitslosengeld-II-Beziehern eine Brücke zum Arbeitsmarkt geschaffen werden soll. Mit 120 000 habe ihre Zahl im April etwas niedriger gelegen als im März, sagte BA-Vorstandsmitglied Heinrich Alt. Das liege daran, dass die ersten Ein-Euro-Jobs bereits wieder ausgelaufen seien.
Die FDP wertete den Rückgang der Arbeitslosenzahlen als völlig unzureichend. »Es ist dreist und bitter, dass die Bundesregierung über 4,9 Millionen Arbeitslose als Erfolg verkauft«, sagte der stellvertretende Partei- und Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle.

Artikel vom 29.04.2005