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Sind Männer Feiglinge?

Auf Kriegsfuß
mit dem
Onkel Doktor


Von Larissa Kölling
Häschen in der Grube - armes Häschen, bist du krank? Wenn Mama Hase krank ist, beißt sie die Zähne zusammen, und alles läuft (fast) weiter wie gewohnt. Ist aber Papa Hase krank, dann muss Ruhe herrschen im Bau. Stärkende Nahrung wird für den Geschwächten zubereitet und die Familie zu Gebeten angehalten, auf dass aus der triefenden Nase keine Lungenentzündung und aus dem verstauchten Knöchel keine Amputation werde. Der männliche »Hasenfuß« leidet nicht still, sondern - Ausnahmen bestätigen die Regel - laut und deutlich. Doch das natürlich nur in den eigenen vier Wänden. Selbstbehandlung ist angesagt.
Sind Männer Feiglinge? Oder gibt es andere Gründe, warum sie so ungern zum Arzt gehen? Die Wahrscheinlichkeit, dass Männer bei einem gesundheitlichen Problem den Gang in eine Praxis meiden, ist vier Mal höher als bei Frauen. Und das, obwohl ihre Lebenserwartung im Durchschnitt sechs Jahre niedriger ist als die ihres weiblichen Pendants.
Auch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufgrund eines Notfalles oder lebensgefährlicher Ereignisse ins Krankenhaus eingewiesen werden, wesentlich höher. Was steckt hinter diesem sorglosen Umgang der Männer mit ihrer eigenen Gesundheit? Die Fakten sind wenig ermutigend: 45 Prozent der Männer sind übergewichtig, davon leiden 30 Prozent an Adipositas, doppelt so viele Männer wie Frauen trinken mehr als die empfohlene Maximalmenge an alkoholischen Getränken, sieben von acht Männern weisen mindestens einen Risikofaktor für eine Herzerkrankung oder einen Schlaganfall auf. Ungeachtet der Tatsache, dass Hodenkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Männern zwischen 20 und 40 Jahren ist, unterlassen es 87 Prozent der europäischen Männer, ihre Hoden zu untersuchen. Das Tragische daran: Viele Krebserkrankungen sind heilbar, wenn sie in einem frühen Stadium entdeckt werden - dies betrifft insbesondere den Hodenkrebs.
Ist das starke Geschlecht also doch eine Ansammlung von Angsthasen? Das Problem liegt teilweise darin begründet, dass Männer häufig ein gewisses Gefühl der Peinlichkeit an den Tag legen, wenn es um ihren Körper geht, und Ärzten gegenüber oftmals eine ablehnende Haltung einnehmen - das so genannte »Weißer-Mantel-Syndrom«.
So berichtet das Apothekenmagazin, dass die kürzesten Gespräche in der Praxis zwischen männlichen Ärzten und männlichen Patienten stattfinden. Schon den Gang zum Arzt überlegen sich Männer doppelt so lange wie Frauen. Auch Vorbeugen ist Männern nicht so wichtig: Impfungen und Vorsorge-Untersuchungen nehmen sie deutlich seltener wahr.
Da klingen die Scherze der Frauen nicht ganz unbegründet: Wenn ihr Männer Kinder zur Welt bringen müsstet, wäre die Menschheit sicher bereits lange ausgestorben. Aber das bleibt ja zum Glück allen Beteiligten erspart.

Artikel vom 05.05.2005