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Aufschlag ohne Angst

Tischtennis-WM: Timo Boll will in Schanghai angreifen

Schanghai (dpa). Ein Mann schlägt auf und große Töne an. »Jetzt erst recht« lautet der Vorsatz von Timo Boll. Nach der EM-Pleite in Aarhus will sich der viel gescholtene Weltranglisten-Fünfte bei der Tischtennis-WM in Schanghai rehabilitieren.

»Ich freue mich auf das Turnier und merke, wie das Kribbeln langsam hochsteigt. Von mir wird viel erwartet, doch in China habe ich nur eine Chance, wenn ich in Topform bin«, sagte der 24 Jahre alte Linkshänder vor WM-Beginn am heutigen Samstag. »Ich verspreche nichts, werde aber alles geben«, fügte er hinzu.
Boll und die anderen zehn Aktiven des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) haben sich in dieser Woche in einem Trainingslager in Südkorea den Feinschliff für das einwöchige Turnier in der Millionen-Metropole geholt. »Das hat auch bei der Zeitumstellung geholfen. Wir werden die Kooperation mit den Südkoreanern im Hinblick auf die Team-WM 2006 in Bremen fortsetzen«, berichtete DTTB-Cheftrainer Dirk Schimmelpfennig. Trotz des unbefriedigenden Abschneidens bei der Europameisterschaft hat er einen Podestplatz als WM-Ziel ausgegeben. »In Aarhus sind unsere Spieler unter ihren Möglichkeiten geblieben. Ich traue ihnen aber eine WM-Medaille zu.«
Realistische Chancen, in die scheinbar übermächtige Phalanx der favorisierten Chinesen eindringen zu können, hat aber nur Boll im Einzel und im Doppel mit Christian Süß (Düsseldorf). Die Auslosung war allerdings ein Dämpfer. Auf dem Weg ins Halbfinale warten in Fedor Kuzmin (Russland), Adrian Crisan (Rumänien) und Ma Lin (China) alles andere als Wunschgegner auf den jungen Hessen. »Es ist eine schwierige Auslosung. Wir müssen sehen, wie Timo seine Form von Runde zu Runde entwickelt«, sagte Schimmelpfennig.
»Ich möchte mir die Angst nicht einreden lassen«, sagte Boll zu den möglichen Duellen gegen seine »Angstgegner«. Das Erstrundenmatch gegen den Portugiesen Joao Monteiro dürfte kein Problem für den Ex-Europameister sein, der noch immer an einer Leistenzerrung laboriert. »Wir haben das Training dosiert«, sagte Herren-Coach Richard Prause.
Die chinesischen Fans erwarten von ihren Assen fünf Titel in fünf Disziplinen. So wie 1995 beim WM-Heimspiel in Tianjin. Der große Druck, der auf Spielerinnen und Spielern aus dem »Reich der Mitte« lastet, hat Vor- und Nachteile. »Wenn es am Anfang gut für sie läuft, können die Chinesen alle überrollen«, meinte Bundestrainer Prause. »Für uns Europäer ist es einfacher, in China zu spielen. Die Chinesen sind normalerweise besser und können gegen uns nur verlieren«, argumentierte Weltmeister Werner Schlager.
Der Titelverteidiger aus Österreich, Europameister Wladimir Samsonow (Weißrussland) und Olympiasieger Ryu Seung Min aus Südkorea gelten neben Boll als größte Rivalen der Gastgeber im Schanghai Gymnasium.

Artikel vom 30.04.2005