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Gong, Verbeugung und
- zack! -ÊSchulterwurf

»Schlachten//Samurai« - ein toller Erfolg im TAMoben

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Schnick, schnack, schnuck - ich bin König! Witzig und elegant, laut und mit vollem Körpereinsatz spielen fünf Kämpfer durch, was es bedeutet, ein Held zu sein. Der Applaus für die Eigenproduktion »Schlachten//Samurai« am Mittwoch im TAMoben wollte kein Ende nehmen.

Ho! Uff! Arrgh! Der Comic lässt grüßen in diesem temporeichen Stück nach Motiven aus den beliebten Martial-Arts-Filmen, Action-Streifen aus Fernost, in denen Schwertklingen blitzen, Wurfsterne zischen und die zarte Japanmaid züchtig die Augen niederschlägt, wenn stählernen Blickes der wortkarge Held die Finsterlinge niedermäht.
Wenn Sie jetzt denken, ach so'n Mist aus Japsenland, was bringt mir das, dann haben Sie Ihren Shakespeare nicht gelesen. Kennen Heinrich IV. Bolingbroke nicht, den Usurpator auf dem - eindeutig abendländischen! - Thron, haben Percy Heißsporn nie um sich hauen sehen und laufen dem üblen Thronfolger Heinz arglos ins Messer. Ob Bushido-Kämpfer im Schatten des Shinto-Schreins, Brit-Klopper oder auch Recke aus der deutschen Heldensage - das Muster ist immer das gleiche: Schlage die Trommel und küsse die Braut! Das Schwert aus der Scheide und ran an den Feind, wer weiß, ob nicht schon morgen der grüne Rasen uns deckt.
Das ist natürlich heillos pathetisch, aber so sind Shakespeare und Jackie Chan nun mal. Der Hamburger Gastregisseur Christian Schlüter und die Bielefelder Dramaturgin Monika Gysel legen textlich »Henry IV.« zugrunde, drapieren Bruce Lee, Tom Cruise und den Brit-Popper David Bowie drumherum, derweil Malve Lippmann rote Lampions vor roten Vorhängen aufhängt und die Teetassen bereitstellt, Gong, Verbeugung und Schulterwurf.
Bei den Darstellern, deren Ideen maßgeblich in die kurzweilige Produktion einflossen, rinnt bald der Schweiß. Ines Buchmann, plötzlich mit schwarzer Augenklappe (alte Kriegsverletzung . . .), und Lisa Wildmann mit blonder Tussenperücke bieten dem Macho-Trio, Benjamin Armbruster, Andreas Hilscher und Mathias Reiter, die Stirn. Alle sehr sonnenbebrillt, sehr dschingiskhanbärtig, sehr lederjackig. Und mit unbändiger Lust am Spiel, bei dem sich niemand sicher sein darf: Ist das nun noch der Ernst des Lebens oder schon die Parodie?
Kennste den? Kommt ein Hilscher in die Kung-Fu-Schule, da muss er zu Füßen der Domina Wildmann den Boden wischen. Auf dem hat Altkämpe Reiter gerade eine Melone geschlachtet und sich mit Lady Buchmann in den saftigen Resten gesuhlt. Benjamin Armbruster, als muskelbepackter Zen- und Bushido- und Sonstwas-Meister gibt die Schrittfolgen vor - affenstark und voll cool, Alter.
Knapp anderthalb Stunden vergehen wie im Fluge, im Minutentakt darf über die Einfälle herzhaft gelacht werden; die Darsteller kichern gerne mit. Und nachdem der westeuropäische Samurai das TAMoben verlassen hat, wirft er seine Geisha auf den Beifahrersitz, drückt das Pedal durchs Bodenblech und knödelt was, das wie »Puppe, jetz zeig ich dir mal die Pferdchen unter meiner Haube« klingt. Helden wir wir!
Weitere Vorstellungen sind für den 30. April und den 1. Mai vorgesehen, außerdem für den 4., 6./7. und 15. Mai (18 Uhr), für den 21./22. und den 24. Mai.

Artikel vom 29.04.2005