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Ein Arzt spottet jeder Gelehrsamkeit

WESTFALEN-BLATT-Jugendbücher, Folge 14: »Gullivers Reisen«

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Die neue Jugendbuch-Reihe vom WESTFALEN-BLATT ist ein Riesenerfolg. In den Geschäftsstellen ist die 14-bändige Edition ein Renner. Auf der Kulturseite werden in loser Folge die einzelnen Titel vorgestellt. Im 14. und letzten Teil geht es um »Gullivers Reisen« von Jonathan Swift.
Gullivers Abenteuer sind Satire auf die Gesellschaft.

In einer Nacht des Jahres 1726 schreckt Benjamin Motte aus tiefem Schlaf. Eine Kutsche rumpelt am Haus des Verlegers vorbei, etwas kollert gegen die Tür. Als Motte das Päckchen aufhebt, hält er Weltliteratur in Händen.
Die Dubliner nennen ihn den »verrückten Pastor«. Aber so meschugge ist Jonathan Swift, Dekan von St. Patrick, nun auch wieder nicht, dass er sich von der Zensur am Talar packen lässt - im Schutz der Dunkelheit wirft der Geistliche seinem Verleger das Manuskript von »Gullivers Reisen« vor die Tür. Eine in der Originalfassung ätzende Satire gegen die Gesellschaft, deren rührigste Vertreter, die Kaufleute, als Zivilisation verkaufen, was bloß ihrem eigenen Vorteil dient.
Swift (1667-1745) lernt in Dublin den Dünkel der englischen Kolonialherren kennen und saugt mit der Muttermilch den Skeptizismus ein. Unter der Decke des Menschenfeindes aber lugt sein Humor hervor, den er auch gegen sich selbst kehrt: Die »Verse auf meinen Tod« sind Poesie auf die Gefühle der Umwelt bei seinem, Swifts, Ableben: Stoßseufzer bei seinen wenigen Freunden, offener Jubel bei seinen zahlreichen Gegnern.
Zu letzteren durfte Swift auch die Dynastie zählen, aus der 200 Jahre später Winston Churchill hervorging. Im November 1711 veröffentlichte der streitbare Prediger eine Schrift, in der er den Whigs, den Vorläufern der Liberalen, vorwarf, sie hätten den Spanischen Erbfolgekrieg (1701-14) aus eigennützigen Motiven verlängert. Tatsächlich stürzten darüber die Kriegspartei und ihr militärischer Oberbefehlshaber John Churchill.
Über Swifts berühmtesten Helden, den Schiffsarzt Lemuel Gulliver, wissen wir, dass er vier Väter hatte: Swift und drei weitere Autoren im Londoner Scriblerus-Club. Gulliver sollte »alle Wissenschaften mit Löffeln gefressen haben und gerade deshalb der Weisheit ermangeln«.
Jahre später setzte Swift diese Ideen als literarischer Solist um. Urteilen Sie selbst: Wie dumm muss jemand sein, der sich von Däumlingen an die Erde fesseln lässt?
Jeder Titel der 14-teiligen Jugendbuchreihe kostet 2,95 Euro. Wer die komplette Edition kauft, zahlt nur 35,40 Euro - zwei Bände gibt es also gratis. Und das Beste: Die Bücher sind in allen WESTFALEN-BLATT-Geschäftsstellen sofort zu haben, ohne Wartezeit.

Artikel vom 27.04.2005