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Wer nicht liebt, der leidet

Debüt-Drama »Nachbarinnen«


Den beschlagenen Spiegel im Bad wischt Dora mit einem Handstreich frei. Ihr Blick ist verwundert, beinahe ungläubig: Verändert hat sie sich - und wie. Die zurückgezogene, vom Leben und von der Liebe enttäuschte Dora glaubt wieder an eine Zukunft voller Hingabe und Emotionen. In Franziska Meletzkys Kino-Kammerspiel »Nachbarinnen« sorgt die schicksalhafte Begegnung mit der Polin Jola für die Wandlung der allein stehenden Paketbotin um die 40. Fasziniert von Jolas Offenheit und Direktheit beginnt auch Dora, sich dem Leben wieder zu öffnen. Die junge Leipziger Regisseurin Meletzky feiert mit »Nachbarinnen« ein beachtliches Spielfilm-Debüt. »Es geht mir um die ganz große Nähe zwischen zwei Frauen, ohne aber in eine lesbische Schiene mit Coming Out zu rutschen«, sagt sie. Meletzky konzentriert sich dabei auf die Beobachtung der zwischenmenschlichen Dimension und verzichtet auf jedes Spektakel. Schlachten finden allenfalls im Inneren der Figuren statt. »Es ist ein sehr leiser Film«, betont sie. Für Aufmerksamkeit sorgte er dennoch: »Nachbarinnen« wurde für den Nachwuchspreis First Steps der deutschsprachigen Filmschulen nominiert.
Dora (Dagmar Manzel) wohnt in einer Plattenbausiedlung in Leipzig. Von ihrem Mann wurde sie vor Jahren verlassen, ihre Gefühle versteckt sie hinter Alltagsroutine. Als sie eines Abends mit dem Kneipier Bernd um fehlendes Geld in der Kasse streitet, löst sich aus dessen Waffe ein Schuss.

Artikel vom 28.04.2005