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Die 2:6-Pleite:
Fans forderten
noch Zugaben

Bochum vor dem fünften Abstieg

Von Klaus Lükewille
Bochum (WB). Mainz, wie es siegt und singt. Nach dem 6:2-Triumph in Bochum trällerten die FSV-Fans den immergrünen Alt-Hit der geretteten Kellerkinder: »Nie mehr Zweite Liga.«
Erste Hilfe: Der Mainzer Sieger Jürgen Klopp und der Bochumer Verlierer Martin Meichelbeck.
Bochumer Fan-Trauer: Wieder droht der Abstieg.
Schon wieder Zweite Liga? Der Absturz des VfL Bochum ist zwar noch nicht endgültig, der Fahrstuhl rast aber jetzt immer schneller Richtung Unterhaus. Es wäre Abstieg Nummer fünf.
Trainer Peter Neururer, geschlagen und schwer angeschlagen, musste kleinlaut zugeben: »Wir hatten uns soviel vorgenommen. Wir hätten einen Riesenschritt machen können. Den haben wir auch gemacht. Aber leider in die falsche Richtung.«
Doch der Fußball-Lehrer will nicht resignieren. »Ich weiß«, sagte er, »für Optimismus gibt es nach einer solchen Klatsche keinen Ansatz. Aber so lange theoretisch noch was möglich ist, geben wir nicht auf.« Neururer, nach eigenem Bekenntnis nie besonders gut in Mathematik, kann sich aber ganz leicht im Kopf ausrechnen, wie mit seiner Elf bald abgerechnet werden wird: Der Abrutsch von 5 Platz einst im Mai 2004 auf Rang 16 im Mai 2005 kann eigentlich nicht mehr gut ausgehen.
Das halbe Dutzend gegen Mainz und die Nachspiele: Wer in einer Schlüsselpartie so auseinander genommen wird, wer so am Boden liegt, der steht normalerweise nicht mehr auf. »Das hat verdammt weh getan. So etwas habe ich in meiner langen Laufbahn noch nicht erlebt«, sagte Neururer. Er saß zum 99. Mal auf der VfL-Bank, die Partie war gleichzeitig sein 499. Spiel als Trainer im bezahlten Fußball.
Nächsten Samstag, bei den Auflagen 100 und 500, droht ein trauriges Jubiläum. Dann könnte der 1. FC Nürnberg den VfL endgültig in Liga zwei schießen.
Bitter für Bochum: Finanziell erfüllen sie laut Vorstandsmitglied Dieter Meinhold alle Lizenzauflagen, aber sportlich dürfte es nicht reichen.
Denn gegen Mainz wurde klar: Diese Auswahl hat zu wenig Klasse für die höchste Klasse. »Ich kann immer noch nicht fassen, wie wir in der letzten halben Stunde zusammengebrochen sind«, rätselte Kapitän Dariusz Wosz. Es lag nicht nur an dem hypernervösen Ersatztorwart Christian Vander. Neururer attestierte später ein Kollektivversagen: »Alle sind an diesem Desaster beteiligt. Die 14 eingesetzten Spieler - und selbstverständlich auch der Trainer.«
Vorgeführt, ausgepfiffen, verhöhnt. Als Mainz das 4:1 und 5:1 machte, da riefen die VfL-Fans »Zugabe«. Und die FSV-Anhänger johlten: »Einer geht noch, einer geht noch rein.«
Werner Altegoer, der alte Fußball-Fahrensmann des VfL Bochum, er muss schon früh geahnt haben, dass es kein guter Tag für seinen Verein werden würde. Alle Blau-Weißen bejubelten den Ausgleich der Hausherren zum 1:1, nur der Vorstandsvorsitzende nicht.
Altegoer verließ nach dem Abpfiff mit versteinerter Miene die Tribüne. Der VfL Bochum ist ein Stück seines Lebens. Und immer wieder muss er erleben, wie es hoch und dann wieder runter geht. Den drohenden Sturz 2005 schätzt der Chef als besonders folgenschwer ein: »Wir haben hier so viel aufgebaut. Ein Abstieg würde uns um Jahre zurück werfen.«

Artikel vom 02.05.2005