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»Unser Maibaum wird der schönste«

Samstag steht er: Bielefelder Boßelverein will diesmal den Titel holen

Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Wer glaubt, die Maibaum-Tradition sei auf Bayern beschränkt, sieht sich getäuscht. Zumindest im Bielefelder Ortsteil Jöllenbeck.

Hier richten Boßelspieler mit ostfriesischen Vorfahren das gute Stück seit 1997 her und verdienten sich im vergangenen Jahr sogar Platz vier im WESTFALEN-BLATT-Wettbewerb. In diesem Jahr wollen sie noch mehr erreichen. Franz Schmidt: »Jetzt soll der Titel her. Ist doch klar.«
Auf der Terrasse des Jöllenbecker Reihenhauses herrscht Hochbetrieb. Für die akustische Untermalung sorgt der übliche Klönschnack, für die optischen Eindrücke der Berg an Krepp-Papier, aus dem bereits mehr als 250 Rosen auf Draht gebunden wurden. Für das Grün liefern Bekannte der Dorfgemeinschaft drei Lkw-Ladungen mit Tannenzweigen. Das Erfolgsgeheimnis der Jöllenbecker: Nur natürliche Zutaten, alles Handarbeit und keine vorgefertigten Symbole, dafür lieber perfekt gebundene Girlanden.
Dass der Maibaum-Typ »Ostfriesland« ausgerechnet nach Jöllenbeck kam, hat weniger damit zu tun, dass der Jöllenbecker Kittboden nach Dauerregen dem Wattenmeer sehr ähnlich wird, als mit der Gründung eines so genannten Boßelvereins. »Auf freiwilliger Basis ohne e.V. natürlich«, erklärt Schmidt - aber eben mit festen Prinzipien. Bertus Folkers hieß seinerzeit 1997 der gebürtige Ostfriese, der beim jährlichen Sparfest in der Bahnhofsgaststätte die Idee zum Boßeln hatte, zum weiten und zielgenauen Werfen von Holz- oder Gummikugeln entlang der Landstraße.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Der Boßelverein »He löpt noch«, was so viel heißt wie »er läuft noch«, zählt bereits 35 Mitglieder. Die aktiven Mannschaften messen sich regelmäßig am Samstag von 14.30 Uhr an und Sonntag von 9.30 Uhr an auf dem Nagelsholz. Der Damenmannschaft ist das nicht genug - die ist gerade zum dritten Mal in Folge NRW-Meister der Landesliga geworden.
Zur Zeit, weiß Doris Vulperhorst-Schmidt, muss der Leistungssport allerdings hinter dem Projekt Maibaum zurückstehen. Auf der Terrasse entstehen neben den Kreppblüten 25 Meter Tannengirlande am typischen Seemannstau, dazu die Birkenspitze, die in 18 Metern Höhe montiert wird, bevor man den Prachtbaum am 30. April um 17 Uhr am Kleinbahnhof aufstellt. Die Jöllenbecker, freuen sich die Boßler, finden die jährliche Aktion klasse. Die Juroren der großen WESTFALEN-BLATT-Aktion offensichtlich auch.
Für Platz vier gab es 2004 übrigens T-Shirts und ein Bierfass der Herforder Brauerei. 250 Teams hatten damals teilgenommen und sich fragen lassen: Wer hat den schönsten Maibaum?

Artikel vom 29.04.2005