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Bobbie lässt die Puppen tanzen

Baströckchen und Meeresrauschen: vergnügliche »Blume von Hawaii«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Kramen Sie Ihr quietschbuntes Hawaii-Hemd aus der vorvorletzten Saison aus dem Schrank, ziehen Sie es an und machen Sie sich einen vergnüglichen Abend - in einer Operette, deren hanebüchen-absurde Handlung schwerlich zu überbieten sein dürfte.

Um so pfiffiger der Regieeinfall von Katja Wolff, die die krude Geschichte der fast 75 Jahre alten Operette »Die Blume von Hawaii«, die im Bielefelder Theater am Alten Markt (TAM) Premiere hatte, nicht nur entrümpelt hat, sondern die Handlung (Handlung? Welche Handlung?) von Coach-Potato Bobbie Flipps nicht nur erzählen, sondern weiter treiben lässt. Bobbie (unübertrefflich: Florian von Manteuffel) lässt buchstäblich die Puppen tanzen. Jeder der Schauspieler kann singen und tanzen, jeder hat sein spezielles Solo. Unübertrefflich, wenn Harald Gieche als Kanako Hilo, politischer Vertrauter von Prinz Lilo-Taro - beide tragen zum Bastrock Jackett - den Banana-Boat-Song singt oder wenn Karl Heinz Herber als heftigst verliebter Kapitän Reginald Harald Stone seinen unvergleichlichen Hüftschwung zeigt oder wenn Katharina Zoffmann als Raka ein Medley hinlegt, das sich gewaschen hat. Katja Wolff hat auch der Versuchung widerstanden, aus der Operette ein Drama mit aktuellen Bezügen zu machen - schließlich sind auf der Bühne die »Amis« mit dem Gouverneur (Helmuth Westhausser), seinem Sekretär Buffy (Thomas Wehling), der sich für die »richtige Mischung« hält und »Geschichte schreiben« will, und Nichte Bessie (Nicole Paul), die einen Mann sucht, der wie ein Cocktail sein muss, dabei, die hawaiischen Inseln zu okkupieren. Prinzessin Laya alias Suzanne de Provence, voller Charme und Können verkörpert von Jessica Higgins, soll putschen und will heiraten, weiß nur nicht genau wen, zumal ihr Liebster in den tropischen Sonnenuntergang rudert.
Sie sind verwirrt? Kein Wunder. Da hilft Jim Boy, ein Jazz-Sänger, den Oliver Baierl spielt. Jim Boy erklärt, worum es in »Die Blume von Hawaii« geht. Versucht es zumindest. Auf jeden Fall: Im dritten Akt wiegen sich nicht mehr schlanke Palmen im sanften Wind, es ist nicht mehr nur »schön«, sondern »traumhaft schön«, denn plötzlich - keiner weiß warum - sind alle in Monte Carlo. Was Bobbie Flipps zu diesem Kommentar hinreißt: »Das geht ja zu wie in einer Operrtte im dritten Akt«. Kurz und happy: Die Paare finden sich und wenn Sie jetzt meinen, das würde rein zahlenmäßig gar nicht möglich sein - lassen Sie sich überraschen! Die Lieder, intoniert von der Band unter der musikalischen Leitung von Carolin Nordmeyer, hat jeder schon mal gehört, und in Akt 3 gibt es dann noch mal die Quintessenz. Das Publikum war begeistert und forderte Zugaben: »Ich hab ein Diwanpüppchen, süß und herzig wie du!«

Artikel vom 26.04.2005