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Eine Sportart fürs Herz
Mountainbiken unter ärztlicher Aufsicht stärkt Koronarpatienten
Dass ein abgestimmtes sportliches Trainingsprogramm der beste Weg ist, das Herz nach einem Infarkt wieder zu stärken, ist inzwischen allgemein bekannt. Aber muss es gerade die kräftezehrende Trendsportart Mountainbiken sein?
»Warum nicht?«, sagt Dr. Klaus Edel (46). Der Ärztliche Direktor der Reha-Klinik Hermannsborn bei Bad Driburg (Kreis Höxter), Fachklinik für Kardiologie und Diabetologie, setzt seit 1998 Herzpatienten auf die 21-gängigen Fahrmaschinen und führt sie wöchentlich zwei Stunden durch schönstes Gelände. »Die Menschen freuen sich über das Naturerlebnis und vor allem über die Erfahrung, dass dies mit ihrem Körper möglich ist«, weiß der Kardiologe zu berichten. Natürlich geht es in der Gruppe nicht zu wie im Wettbewerb: Die Strecke hat keine Steigungen von mehr als sechs Prozent, jeder Teilnehmer trägt eine Pulsuhr, die Überlastung sofort anzeigt, und am Gruppenende fährt für den Fall des Falles ein Arzt mit Notfallausrüstung.
Zudem ist der Weg so geplant, dass Rettungsfahrzeuge die Radler erreichen könnten. »Aber nicht zu einem einzigen bösen Zwischenfall ist es bisher gekommen«, unterstreicht Edel, der sogar ein spezielles Herzrad entwickelt hat. Im Gegenteil weisen durchweg alle der seit sechs Jahren regelmäßig teilnehmenden Koronarpatienten eine deutlich gestiegene Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit des Herzens auf.
Als besonders zur Reduzierung des Herz-Risikos geeignete Sportarten sind seit Jahren Joggen, Radeln, Schwimmen und Wandern bekannt: Bei ihnen kommt ein großer Teil der Muskeln zum Einsatz, der Blutdruckanstieg ist moderat. Da diese Aktivitäten zumeist länger als 30 Minuten betrieben werden, wirken sie auch gegen Übergewicht. Radfahren also gehört ohnehin zu den empfohlenen Gesundheitssportarten - unter anderem deshalb, weil die Bewegung in der Ebene den Radler vom eigenen Gewicht entlastet, die eingesetzte Kraft ihn sozusagen schwerelos nach vorn bringt.
Beim Mountainbiken aber ist das anders: Bergauf muss der Radler nicht nur sein eigenes, sondern auch noch das Gewicht des Fahrrades unter verstärktem Muskel- und damit Herzeinsatz gegen die Schwerkraft beschleunigen. Ist das Geländeradeln also auch für Menschen mit vorbelastetem Herzen empfehlenswert?
Um diese Frage zu beantworten, begann Edel 1999 mit 14 Teilnehmern einer ambulanten Herzsportgruppe in Bad Berleburg eine »Studie zum Radfahren in einem deutschen Mittelgebirge«. Sechs Jahre später resümiert er nun: »Mountainbiken ist eine geeignete Sportart für Koronarpatienten. Mit dem notwendigen Maß an Vorsicht betrieben, bringt es positive Effekte für das Herz- und Kreislaufsystem, Lebensfreude und ein gesteigertes Selbstbewusstsein.« Vorteilhaft sei die Gangschaltung der Räder, die stets eine Übersetzung erlaubt, welche das Fahren unter geringer Belastung ermöglicht. Hinzu komme, dass Herzleistung in Intervallen - mal kräftig strampeln, dann wieder ausrollen - abgefragt werde. Eindringlich warnt der Arzt jedoch vor zuviel Ehrgeiz, der zur Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit führt. Edel: »Auf die Pulsuhr mit akustischem Signal beim Überschreiten der Grenzwerte sollte niemals verzichtet werden!«
l Am Samstag, 30. Juli, findet in Bad Hermannsborn ein »Herzrad-Tag« statt, an dem Herzpatienten mit ihrem eigenen Rad teilnehmen können. Wer Interesse hat, kann bei den Sportlehrern Monika Quante und Mirko Koster (05253 / 407 602) oder im Internet (www.kbh.de) nähere Informationen bekommen.
Ingo Steinsdörfer

Artikel vom 14.05.2005