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Häftling auf
Flucht getötet

Ex-Polizist stirbt bei Schusswechsel

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Ein Häftling (28), der am 4. April aus der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede geflohen war, ist am Samstag in Barcelona bei einem Schusswechsel mit spanischen Polizisten ums Leben gekommen. Nach dem Gewalttäter war international gefahndet worden.

Bei dem geflohenen Häftling handelt es sich um Ramon R. - einen ehemaligen Polizeibeamten, der 2002 bei einem Einbruch überrascht worden war und auf den Polizisten geschossen hatte, der ihn festnehmen wollte. Nur weil die Waffe nicht durchgeladen war, überlebte der Beamte. Ramon R. war damals vom Landgericht Köln zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden und hatte seinen Beamtenstatus verloren, seit sechs Monaten saß er Bielefeld als Freigänger in der JVA Brackwede II.
Am 4. April hatte der Freigänger im Vorraum der Commerzbank Gütersloh ein Fenster eingeschlagen - angeblich, weil er dort eingeschlossen worden war. Als der Häftling in die JVA zurückkehrte und hörte, dass die Polizei ihn wegen der zerschlagenen Scheibe suchte, stürmte er nach draußen, sprang in seinen Wagen und floh. »Kollegen sind damals noch hinter ihm hergelaufen, aber er war schon weg«, erinnerte sich gestern ein Vollzugsbeamter.
Eine Woche nach der Flucht glaubte die Polizei bereits, Ramon R. entdeckt zu haben: In Münster war einem Polizisten ein Mann aufgefallen, auf den die Beschreibung exakt passte. Ein Spezial-Einsatz-Kommando nahm den Verdächtigen am 11. April fest, doch es war nicht der Gesuchte, sondern ein unbescholtener Bürger. Ramon R. blieb verschwunden - bis Samstag. Im spanischen Barcelona hatten Mitarbeiter eines Einkaufszentrums die Polizei gerufen, weil ein Kunde auffällig viele Bündel mit Fünf-Euro-Scheinen bei sich trug. Als Polizisten versuchten, den Kunden zu überprüfen, lief der Mann aus dem Geschäft.
Die spanische Polizei berichtete am Samstag, der Mann habe auf seiner Flucht auf die Beamten geschossen. Die Polizisten hätten viermal zurückgefeuert und den Flüchtigen getroffen. Er sei tödlich verletzt worden. Augenzeugen erklärten dagegen einer spanischen Zeitung, die Polizei habe das Feuer eröffnet.
Bei dem Toten wurden ein echter Pass auf den Namen Ramon R. gefunden sowie acht gefälschte deutsche Ausweise. Außerdem soll der Deutsche 60 000 Euro in Fünf-Euro-Scheinen bei sich gehabt haben, die möglicherweise gefälscht waren. Ein Spanier, der Ramon R. in den Supermarkt begleitet hatte, war zunächst festgenommen, dann aber wieder freigelassen worden.
Ob der getötete Häftling nach Deutschland überführt oder in Spanien beigesetzt wird, stand gestern noch nicht fest.

Artikel vom 25.04.2005