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Menschliche Abgründe

Eine Liebesgeschichte unter erschwerten Bedingungen

ZDF, 20.15 Uhr: Zwei Paare haben ein eng miteinander verstricktes Beziehungsmuster aufgebaut. Schon durch eine geringfügige Verschiebung im Ringen um Liebe gerät das Gebilde »außer Kontrolle« und führt in menschliche Abgründe.

Jörg Broichenbaumer (Josef Bierbichler) ist als Romanistikprofessor hoch angesehen, kämpft aber mit Alkoholproblemen und Selbstmordgedanken. Seine viel jüngere Frau Lisa Korff (Christiane Paul) schafft es neben ihrer Rolle als Mutter der asthmakranken gemeinsamen Tochter, ihre Karriere als Pop-Sängerin voranzutreiben. Dem diskreten Werben von Jörgs jüngerem Freund Dieter Newer (Jürgen Vogel), einem kinderlosen Journalisten mit älterer Ehefrau (Suzanne von Borsody), widersteht sie freundlich, aber bestimmt.
Mit dem Liebesdrama »Außer Kontrolle« von Regisseur Christian Görlitz zeigt das ZDF das Porträt eines fein austarierten Beziehungsgeflechts zweier Paare, das plötzlich aus den Fugen gerät. Thematisch knüpft Görlitz damit an seinen Fernsehfilm »Freier Fall« an, für den er 1998 mit dem Adolf-Grimme-Preis in Gold ausgezeichnet wurde. Auch damals stand das Ringen um eine gefährdete Liebe im Mittelpunkt der Handlung.
In »Außer Kontrolle« wird die scheinbar ausgeklügelte Balance der beiden Paare durcheinander gewirbelt, als Jörg seine Frau eines Tages schlägt und diese daraufhin dem Werben Dieters nachgibt. Die wenigen gemeinsamen Stunden haben Folgen, die das bisherige Leben aller vier Beteiligten schlagartig in Frage stellen. Der Film zeigt die menschlichen Abgründe zweier ganz normaler Beziehungen, in denen plötzlich nichts mehr Bestand hat, die aber trotz tiefer Erschütterungen letztlich doch überdauern.
Eine »Liebesgeschichte unter erschwerten Bedingungen« wollte Regisseur Görlitz erzählen, wie er sagt - eine also, bei der es »in der Liebe wirklich ums Existenzielle geht«. Geholfen hat ihm dabei auch die Zusammenarbeit mit Schauspielern, die bei seinen früheren Projekten bereits mit von der Partie waren: Bierbichler wirkte in »Freier Fall« mit, Vogel und von Borsody in »Die Geisel« (2002). »Niemand kämpft um seinen Platz in der Hackordnung«, sagt Görlitz über die Wirkung solcher gemeinsamen Vorerfahrungen, »jeder kann einschätzen - längst bevor wir zusammenkommen - wie die anderen den Stoff lesen«.

Artikel vom 25.04.2005