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»Ich spiele, was ich aufnehme«

Der Kabarettist über Comedy, sein Programm und die Zukunft

Bielefeld (WB). Michael Mittermeier mag kein Reality-Fernsehen. Das und mehr erfuhr WB-Mitarbeiter Thomas Bertz im Interview mit dem Künstler.

Wenn man Ihr erstes Programm »Zapped« mit der aktuellen Show »Paranoid« vergleicht, lässt sich ein deutlicher Wandel feststellen. Wie ist der zu erklären?
Michael Mittermeier: »Ich glaub', dass ist durch zwei Dinge zu erklären. Erstmal versuche ich immer woanders hinzugehen, als mit dem vorherigen Programm. Und zweitens spiele ich immer das, was ich um mich herum aufnehme. »Zapped« ist nun wirklich einige Jahre her. Da nimmt man andere Dinge auf. Auch meine Zeit in New York hat da selbstverständlich etwas dazu getan. Dass ich mal lange in einer Stadt gelebt habe, in der es etwas härter zugeht, spielt natürlich mit rein.«

Diese Zeit in den USA spielt auch auf der Bühne eine wichtige Rolle. War es eine Zäsur oder warum um thematisieren Sie diesen Zeitraum so sehr?
Michael Mittermeier: »Es waren knapp eineinhalb Jahre in denen ich nichts gemacht habe, also zumindest nicht in Deutschland auf Bühnen unterwegs war. Das war eine große Zäsur, weil es das erste Mal in meinem Leben war, dass ich frei gemacht habe, ich meinen Tagesplan selbst gemacht habe.«

Ist das schwer, sich nach 15 Jahren Tour so raus zu nehmen oder war das nötig?
Michael Mittermeier: »Es ist nicht schwer, wenn man die Entscheidung getroffen hat und es mit Bauch und Herz vereinbaren kann. Für mich gab es viele Gründe und deshalb war es nicht schwer. Ich habe mir selbst verordnet, nichts zu schreiben, bis irgendeine Stimme sagt 'Los jetzt schreibst Du'.«

Und dann kam die Stimme irgendwannÉ
Michael Mittermeier: »Irgendwann an einem Freitag Ende August in New York kam die Stimme und ich habe gerade einen Artikel gelesen über Kevin Costner. Das war tatsächlich die erste Nummer, die ich geschrieben habe, die damals noch ganz anders war.«

Es heißt immer, Michael Mittermeier sei politischer geworden. Früher war das ja eher Comedy, heute geht es mehr in Richtung Kabarett - was ist das, was Sie machen?
Michael Mittermeier: »Ich würde es gar nicht so hoch hinhängen. Ich mache ohnehin nicht so eine Unterscheidung zwischen Kabarett und Stand Up Comedy wie das andere zum Teil tun. Es gibt ja viele Leute, die da Grenzgänger sind. Für mich ist Kabarett und Stand Up der gleiche Begriff. Dass ein Programm mal politischer ist, das ist aus vielen Gründen, die ich ja auch schon genannt habe, so. Auch 'Zapped' hatte seine politischen Elemente, nur waren die in spielerischer Form verpackt.“

Bei »Zapped« war das Fernsehen das bestimmende Element. Mittlerweile üben Sie an ihrem einstigen Lieblingsmedium deutliche Kritik. Ist die Liebe erloschen?
Michael Mittermeier: »Die Liebe zu den Sachen, die ich früher gern gesehen habe nicht, aber es ist schon schlimmer geworden. Ich kann das Reality-Fernsehen und diese ganze D-Prominenz nicht ab. Es ist langweilig und furchtbar.«

Was kann man in der Zukunft sonst von Michael Mittermeier erwarten?
Michael Mittermeier: »Am 7. Mai werde ich eine tolle Samstagabendshow bei Pro 7 haben. Das wird eine Benefiz-Swing-Gala und als Gäste werden Xavier Naidoo, Sasha und Rea von Reamnon dabei sein. Das wird eine tolle Geschichte, für die wir gerade proben.«

Thema Zukunft: Im Programm haben Sie gesagt, dass sie Angst hätten ein Konservativer zu werden. Ist das die einzige Lösung, dass Sie konservativ werden müssen oder welche Zukunft hat Deutschland?
Michael Mittermeier: »Ich spiele ja mit etwas, das vielen Linken durch den Kopf geht. Dieses 'Was soll ich meinem Vater noch sagen, wenn ich weiß, die Roten haben dieses Land jetzt kaputt gemacht?' Trotzdem werde ich nie eine konservative Partei wählen. Es ist halt so, dass Du dich fragst: Bist Du jetzt konservativ, weil Du öffentlich über die Roten herziehst. Das hätte ich vielleicht vor ein paar Jahren in diesem Extrem nicht gemacht. Was mich nervt, das sag' ich auf der Bühne. Und was Schröder macht, das ist auch nicht besonders kooperativ.«

Der Kanzler bekommt von Ihnen ja ordentlich sein Fett weg, auch wegen Haarfarbe. Sie selber haben gegen die grauen Haare mit blonden Strähnchen geholfen. Wie kam es dazu?
Michael Mittermeier: »Ich will ja meiner Frau auch gefallen, das kann ich aber mit grauen Haaren nicht so gut. Man will eben gut aussehen. Außerdem ist mir durch den Kopf geschossen, dass ich mit diesem Programm optisch anders auf die Bühne gehen muss. Und ich kann ja nicht wie Britney Spears mit einer Schlange auf die Bühne kommen.«

Artikel vom 25.04.2005