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Von den Klangfarben des Frühlings

Konzerte der Bielefelder Philharmoniker

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Der Frühling lässt sein blaues Band flattern und passend zur Jahreszeit stellten die Bielefelder Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Peter Kuhn ihr sechstes Freitags- beziehungsweise fünftes Sonntagskonzert unter das Motto »Frühlingsymphonie«.

Mit einer solchen, nämlich der Schumannschen Symphonie Nr. 1 in B-Dur, trumpften die Philharmoniker voller Enthusiasmus und Vitalität erst am Schluss auf. In der Wiedergabe entfaltete sich der romantische Geist motivischer Verklammerung und emotionaler Wirkung. Auch wenn Robert Schumann das Werk nicht als Programmmusik verstanden wissen wollte, so ging es ihm doch darum, persönliche »Frühlingsgefühle« zum Ausdruck zu bringen, hatte er zuvor doch den langen Widerstand des Vaters von Clara Wieck gegen die Verbindung mit ihm brechen können.
Im Freitagskonzert ging Kuhn die Partitur voller Verve an. Pochende Rhythmik diente als treibende Kraft. Daneben gab es aber auch hymnische Höhen mit strahlend intonierenden Blechbläsern sowie tänzelnde Leichtigkeit in differenzierter Tempogestaltung. Da wurde durchweg spannungsvoll und präzisionsverliebt aufgespielt.
Eröffnet wurde mit den »Trois petites liturgie de la présence divine« von Olivier Messiaen für Frauenchor und Orchester. Die Natur als eine Antriebsfeder und Inspirationsquelle für Messiaens kompositorisches Schaffen diente hier als Bezugspunkt zum übergeordneten Frühlingsthema. Musiziert wurde mit Klangfarbenbewusstsein, mit rhythmischer Prägung und Prägnanz, bei der sich die seriellen Merkmale kunstvoll überlagerten und verdichteten. Artikulationsgeschliffen, modulationsreich und reaktionsschnell präsentierte sich der von Hagen Enke einstudierte Chor, derweil die sehr bewegliche Perkussionsgruppe pointierte Akzente setzte und die Streicher einen subtil flirrenden Klangteppich zusteuerten. Zwischen meditativer Kontemplation und hemmungsloser Orgiastik steuerte Kuhn sicher durch die Klippen der Partiturvorlage.
Nicht ganz überzeugen konnte dagegen der Klassiker in der Programmmitte: Mozarts Klavierkonzert B-Dur KV 595, das im Finalsatz die Melodie »Komm lieber Mai und mache« aufgreift, hinterließ in der Interpretation einen merkwürdig gedämpften Eindruck. Zwar verzichtete der Komponist bewusst auf Affektkonflikte und große Instrumentierung. Dennoch blieb das von stiller Melancholie getragene Werk erstaunlich blass und in der Tempowahl arg gedehnt. Möglicherweise, um bloß nicht in Heiterkeit und Überschwang zu gleiten. Und obwohl Matthias Kirschnereit seinen Klavierpart sehr pointiert und mit enormer Geschmeidigkeit differenziert gestaltete, vermisste man doch in weiten Teilen den lyrischen Strom, der jenes Werk durchzieht. Und irgendwie blieb die Musik statisch.

Artikel vom 25.04.2005