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Von Michael Schläger

Bielefelder
Optik

Bau-Euphorie


Es tut sich etwas in Bielefeld. Auf vielen seit langem brachliegenden Grundstücken sollen rund um die Innenstadt ehrgeizige Neubauvorhaben verwirklicht werden. Eine Soccer-Arena und ein Dienstleistungszentrum auf dem früheren Droop-&-Rein-Gelände, ein Gebäudekomplex mit neuartigem Wohnkonzept jenseits der Bahn auf dem Postgrundstück. Und auch auf der Fläche am Kesselbrink, wo bis vor wenigen Jahren das Hallenbad stand, soll in futuristischer Architektur eine Wohnanlage für Senioren errichtet werden.
Nun ist es nur zu begrüßen, wenn Ödflächen mitten in der Stadt neu belebt werden. Doch nur die wenigsten Bauvorhaben gehen auf Privatinitiativen zurück. Die Planer und Drahtzieher im Hintergrund sind in den meisten Fällen städtische Gesellschaften. Das Dienstleistungszentrum ist von Stadtwerken und der zu 75 Prozent städtischen Wohnungsgesellschaft BGW erdacht worden. Das Grundstück, auf dem es entstehen soll, gehört den Stadtwerken, und als Hauptmieter sind die städtische Bauverwaltung und der städtische Umweltbetrieb ausgemacht. Die BGW möchte auch den Wohnkomplex auf dem Post-Grundstück errichten.
Ein Kenner der Bielefelder Szenerie hat die jüngste Bau-Euphorie kürzlich mit Entwicklungen im Ruhrgebiet verglichen, wo die Kommunen oder städtische Gesellschaften mangels privater Impulse ebenfalls zu Motoren der dahinsiechenden Bauindustrie wurden. Zuweilen mit fatalen Folgen. Leerstände wurden produziert, zum Teil die Stadtkassen mit horrenden Folgekosten belastet, weil kommunale Institutionen zu Langfrist-Mietkonditionen die neuen Immobilien selbst bezogen.
Bevor Bielefelds Rathaus-Politikern den Projekten also begeistert zustimmen, sollten sie die Folgen noch einmal in Ruhe abschätzen. Was städtebaulich reizvoll erscheint, muss sich noch lange nicht rechnen.

Artikel vom 23.04.2005