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Graffiti-Sprayer härter bestrafen

Bundestag stellt Weichen - Grüne geben ihren Widerstand auf

Berlin (dpa). Nach jahrelangem Streit hat der Bundestag die Weichen für eine schärfere Verfolgung von illegalen Graffiti-Sprühern gestellt. Ein am Freitag in erster Lesung behandelter rot-grüner Gesetzentwurf erweitert den Straftatbestand der Sachbeschädigung.

Die Höchststrafen liegen zwischen zwei und drei Jahren. In die gleiche Richtung zielen Gesetzentwürfe der Union, der FDP und des Bundesrates. Die Schätzungen über die Schäden von Graffiti- Schmierereien liegen zwischen 200 und 500 Millionen Euro pro Jahr.
Die Strafverschärfung war möglich geworden, nachdem die Grünen ihren Widerstand aufgegeben haben. Sie zweifelten an der Wirksamkeit solcher Maßnahmen. Der Städtetag begrüßte die Gesetzesinitiative. Bislang ist eine Strafverfolgung von ertappten Sprayern sehr häufig daran gescheitert, dass eine Substanzverletzung der besprühten Flächen nicht nachgewiesen werden konnte.
Nach Worten des Parlamentarischen Staatssekretärs im Justizministerium, Alfred Hartenbach (SPD), sind Graffiti-Schmierereien kein Kavaliersdelikt. »Es ist wichtig, mit allen zu Gebote stehenden Mittel dagegen vorgehen.«
Union und FDP hielten der rot-grünen Koalition jahrelange Versäumnisse vor. Die FDP habe schon vor sechs Jahren einen Gesetzentwurf vorgelegt, beklagte ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Jörg van Essen. Der rechtspolitische Sprecher der Union, Jürgen Gehb, sagte, Rot-Grün übernehme jetzt mit nur sprachlichen Unterschieden die Ideen der Opposition.
Nach der rot-grünen Gesetzesvorlage kann künftig bestraft werden, »wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert«. Bundesrat und Union wollen bestrafen, wer das Erscheinungsbild einer Sache gegen den Willen des Eigentümers oder Berechtigten nicht nur unerheblich verändert. Van Essen schlug vor, die Sprüher ihre Schmierereien selbst beseitigen zu lassen. Durch die Beseitigung der Schäden fehlten den Kommunen Millionen.
SPD-Fraktionsvize Hans-Joachim Hacker sagte, man wolle jetzt die Debatte zu Ende bringen. Die Gesetzesänderung solle eine Grauzone beseitigen. Während Hacker Graffitis nicht als Bagatelle bewertete, sprach der Rechtspolitiker der Grünen, Jerzy Montag, von Kleinkriminalität. Den von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) kürzlich in Berlin verfügten Einsatz von Hubschraubern des Bundesgrenzschutzes gegen Graffiti-Sprayer kritisierte Montag als nicht verhältnismäßig.
Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele, Vize der Bundestagsfraktion, stellte sich gegen den Koalitionsentwurf. Er sprach von Hysterie und einem falschen Signal. »Ich bin nach wie vor der Meinung, dass mit dieser Maßnahme das Graffiti-Unwesen nicht beseitigt werden kann.«
Der kommunalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Götz, erklärte, es werde höchste Zeit, die »Duldungskultur« zu brechen. Noch immer werde das Besprayen von Gebäuden, Fahrzeugen und Denkmälern von weiten Teilen der rot-grünen Koalition als Kavaliersdelikt gewertet. Die von Ströbele geäußerte Interpretation des Graffiti-Gesetzes der Union, wonach erst dadurch die Sprayer-Szene zu neuen Aktivitäten verleitet würde, spreche für sich.
Angesichts sinkender Umfragewerte im Vorfeld der nordrhein-westfälischen Landtagswahlen sei die Koalition endlich zum Handeln entschlossen und greife die Vorschläge von CDU und CSU inhaltlich auf. Der lächerliche Versuch, mit einem neuen Gesetzwurf, der lediglich alternative Formulierungen beinhalte, sich nunmehr an die Spitze der Graffiti-Bekämpfung zu stellen, führe jedoch nur zu einer weiteren zeitlichen Verzögerung.

Artikel vom 23.04.2005