22.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Buckleys späte Entschuldigung

Schiedsrichter Dr. Markus Merk fürchtet um die Außenwirkung

Von Werner Jöstingmeyer
Bielefeld (WB). Dr. Markus Merk hatte am Mittwochabend nicht seinen allerbesten Tag. »Die Pokal-Halbfinals sind die schwersten Spiele. Schließlich will jeder nach Berlin«, sagte der 42-jährige Referee. Eigene Fehler räumte er nach dem Abpfiff allerdings nicht ein. Sein Urteil: »Eine etwas nickelige Partie, die wir aber als Gespann ganz gut im Griff hatten.«
Ruhig Blut: Schiedsrichter Dr. Markus Merk ermahnte Delron Buckley mehrfach zur Besonnenheit. Foto: Hörttrich
Verärgert war der Zahnarzt aus Otterbach bei Kaiserslautern vor allem über den Aussetzer von Delron Buckley in der Schlussminute. »Er ist an sich ein lieber netter Kerl. Ich weiß auch nicht was ihn da geritten hat«, wunderte sich Merk über den Schubser in den Rücken, den ihn der Südafrikaner nach dem strittigen Elfmeterpfiff verpasste.
Buckley habe ihn schon in den letzten 20 Minuten ständig verbal attackiert und jede Entscheidung kritisiert, monierte der vor wenigen Wochen gewählte Welt-Schiedsrichter des Jahres und stellte fest: »Es geht dabei auch um die Außenwirkung. Wie sollen die Vereine Kinder und Jugendliche zum Fairplay erziehen, wenn sich ihre Vorbilder so in der Bundesliga benehmen?«
Ob und wie lange Delron Buckley gesperrt wird, konnte Dr. Merk nicht sagen. »Ich schreibe einen Sonderbericht. Über das Strafmaß müssen andere entscheiden.« Nach dem Spiel erschien der »reuige Sünder« übrigens in Begleitung von Arminias Sportdirektor Thomas von Heesen in der Schiedsrichter-Kabine und entschuldigte sich in aller Form für seine Entgleisung.
Komplimente hatten der Schiedsrichter und seine beiden Assistenten Jan-Hendrik Salver (Stuttgart) und Heiner Müller (Nalbach-Bilsdorf) für Trainer Uwe Rapolder parat. Gegenüber früher habe sich Rapolder total gewandelt. Er heize keineswegs die Atmosphäre an, reagiere eher sehr besonnen am Spielfeldrand und habe zudem den DSC Arminia spielerisch nach vorn gebracht, lobten sie den Bielefelder Fußballlehrer.
Weniger erbaut waren sie allerdings von den Bielefelder Verkehrsverhältnissen. Sie hätten 90 Minuten vor Spielbeginn ihr Quartier im Mercure Hotel in der Innenstadt verlassen, seien aber erst 45 Minuten vor dem Anpfiff in der SchücoArena eingetroffen. Dr. Markus Merk: »So etwas kann nicht sein. Normalerweise braucht man für den Weg zehn Minuten.« Und das Schiedsrichter-Gespann war sich einig: »Solche engen verkehrstechnischen Zustände gibt es in keinem anderen Bundesliga-Stadion.«
Zu mitternächtlicher Stunde plauderten Merk und Kollegen im Bielefelder Altstadt-Treff »Bei Janni« noch ein bisschen aus dem Nähkästchen. Er verstehe sich nicht nur als Referee, sondern auch als Vertreter seines Landes, sagte der Familienvater aus der Pfalz und verwies voller Stolz auf ein dickes Kompliment des israelischen Fußballverbandes, das er kürzlich anlässlich der Leitung des Länderspiels gegen Frankreich erhielt: »Sie waren ein hervorragender Botschafter Deutschlands«, teilten ihm die Offiziellen mit. Seine Erinnerungen schreibt Markus Merk derzeit nieder. Das Buch soll im Herbst auf der Buchmesse erscheinen. »Buckleys Ausraster wird darin garantiert nicht vorkommen«, versprach der routinierte FIFA-Schiedsrichter.

Artikel vom 22.04.2005