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Kannibale soll in Psychiatrie

Gutachter sieht schwere Abartigkeit

Von Christian Althoff
Rahden (WB). Von dem »Kannibalen« Ralf M. (41) aus Rahden (Kreis Minden-Lübbecke), der vom 3. Mai an wegen Mordes in Berlin vor Gericht stehen wird, sind weiterhin ähnlich schwere Straftaten zu erwarten. Zu diesem Schluss kommt ein vom Gericht beauftragter Gutachter in seiner jetzt fertiggestellten Expertise.
Ralf M. (41) kommt wegen Mordes vor Gericht.

Auf 105 Seiten offenbart der Psychiater Einblicke in die Psyche eines Mannes, dem er eine »schwere Abartigkeit« bescheinigt und von dem er annimmt, dass er den Mord »im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit« begangen hat. Wie berichtet, hatte Maler Ralf M. gestanden, im Oktober in Berlin seinen homosexuellen Freund getötet und zerstückelt zu haben. Polizisten hatten im Kühlschrank des Mannes, der sich am Tag nach der Tat gestellt hatte, eingepökelte Organe entdeckt.
Von einer schwierigen Kindheit hat Ralf M. dem Gutachter berichtet. Jahrelang sei er von seinem älteren Bruder unterdrückt und geschlagen worden. Wenn die Eltern nicht zu Hause gewesen seien, habe er sich ausziehen müssen, und sein Bruder habe mit ihm »Schweineschlachten« gespielt und mit einem Messer herumgefuchtelt. Da sei er etwa fünf Jahre alt gewesen, erzählte Ralf M.
Als 15-Jähriger habe er zum ersten Mal gemerkt, dass er sich stärker zu Männern hingezogen fühlte, mit 25 habe er die ersten Kannibalismus-Phantasien gehabt. »Ich wusste, dass das nicht normal war, aber ich war mir sicher, dass ich mich unter Kontrolle hatte.« Das änderte sich, als der Fall des Kannibalen Armin Meiwes 2003 bekannt wurde und Ralf M. erkannte, »dass es Menschen gibt, die so was machen.« Nächtelang habe er am Computer gesessen und in einschlägigen Gesprächsforen nach Opfern gesucht, die sich von ihm schlachten lassen wollten. Er habe sogar einmal am Computer eine Fotomontage erstellt, die seinen homosexuellen Freund auf einer Schlachtbank zeigte. Dann habe er den Mann auf dem Bildschirm per Mausklick geköpft. Am 4. Oktober 2004 hatte der 41-Jährige seine Phantasien schließlich ausgelebt - ohne Zustimmung des Opfers, das vergeblich um sein Leben gefleht hatte.
»Die Schlachtphantasien hat der Mann bis heute«, schreibt der Gutachter, der zu einer Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik rät. Dr. Detlev Binder (Bielefeld), der Anwalt des Rahdeners: »Wenn das Gericht dem Gutachter folgt, ist mein Mandant in spätestens 15 Jahren frei - sofern er von seiner schweren Sexualstörung geheilt werden kann.«

Artikel vom 22.04.2005