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Spiel mit Form und Farbe

Galerie David zeigt ausgesuchte Werke des Kubismus

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Ist das noch der Leib des Musikers? Oder schon der Geigenkörper? Wenn Notenschlüssel die Funktion architektonischer Details übernehmen und Bildelemente beliebig komponiert werden dürfen, lautet meist der Befund: Kubismus. Ausgesucht schöne Werke dieses Stils sind jetzt in der Galerie David zu sehen.

Albert Gleizes und den Pariser Kubisten, die von 1910 bis 1930 souverän mit Form und Farbe spielten, ist diese sinnliche Schau gewidmet. In mühevoller Arbeit haben Reinhard Sonnak und Natan Koch 40 Arbeiten zusammengetragen, die sie bis zum 3. Juni in ihren Räumen an der Hans-Sachs-Straße 4 zeigen; die Preise reichen von 4600 bis 108 000 Euro für die großformatige, opulent farbige »Composition abstraite«, die Gleizes um 1922 in Öl auf Leinwand ausführte.
Gleizes (1881-1953), nach Picasso und Braque einer der führenden Kubismus-Theoretiker der zweiten Generation, half diesen Malstil zu dynamisieren. Das zeigt sich nachdrücklich in zwei Ausführungen seiner schwungvollen »Danseuse espagnole« (1914 und 1916): Wenige Pinselstriche bzw. Kohlestriche genügen, um in Halbkreisen und Dreiecken und ein paar Rottupfern die ganze Glut des spanischen Tanzes zu entfachen.
Wen puristisches Blut durchpulst, der orientiere sich an den reduzierten, im Geiste der Theorie streng monochromen Kleinformaten, in reinster Form mit zwei Bleistiftzeichnungen Le Corbusiers vertreten (beide 1922). Schwarz auf weiß - das kann aber auch geradezu humoristisch wirken, wie Gleizes' »Pianiste« (Tinte 1920) beweist. Gut behütet sitzt da ein offensichtlich gutgelaunter Solist am Klavier, und in dem Maße, wie die Musik den Raum durchflutet, füllt der sich mit den schwarz-weißen Linien der Tastatur.
Gelegentlich lugt Dalì um den Bilderrahmen, denn wer wollte ernsthaft bestreiten, dass Jean Lurcats »L'océan« (1922) mit seinen grünen und weißen Birnen an Bord dem surrealistischen Schelm aus Figueras verpflichtet wäre. Großzügig im Wurf aufs Papier, streng formal in der Linienführung, blickt uns in Auguste Herbins »Portrait de femme« (1911) das Antlitz einer »unter ihrem Hut gefangenen« Frau an. Ein Jahr zuvor führte Louis Marcoussis die weltberühmte Sacré-Coeur geradezu lässig in Kohle aus.
Den drei Nackten (»3 Nus dans l'atelier«, Wasserfarbe 1920), so entspannt wie intim ins erotisch aufgeladene Gespräch vertieft, sieht man an, dass Ossip Zadkine von Haus aus Bildhauer war. Karel Teige ist mit einer auf pure Geometrie reduzierten Ansicht eines Dorfes (»Village«, um 1920) vertreten - etwas Rot, etwas Blau, ein Hauch von Grün, mehr muss ja gar nicht sein, um sich in diesen Häusern, in dieser Art des Malens, in dieser sinnlichen Ausstellung wohlzufühlen.
Die Galerie David ist dienstags bis freitags von 10 bis 13 Uhr und von 15 bis 19 Uhr geöffnet, samstags von 14 bis 17 Uhr, sonst nach Vereinbarung.

Artikel vom 23.04.2005