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Kampf um das Sorgerecht

Bleiben Brüder eines toten Jungen bei Pflegeeltern?

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Der Bielefelderin, die im vergangenen Jahr ihren 22 Monaten alten Sohn erstickt haben soll, droht nun auch der Verlust des Sorgerechts für ihre anderen beiden Kinder.

Das Amtsgericht Bielefeld verhandelt derzeit über den Antrag der Stadt Bielefeld, der 23-jährigen Simone K. und ihrem Ehemann die Fürsorge für die vier und eineinhalb Jahre alten Söhne zu entziehen.
Am 25. Juli 2004 hatte die Frau einen Notarzt gerufen, weil sie ihren Sohn Manuel leblos in seinem Bettchen gefunden hatte. Der Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Danach begann bei Ermittlern von Polizei und Staatsanwaltschaft die Ursachenforschung. Rechtsmediziner der Universität Münster wiesen nun nach, dass die Kindesleiche Blutungen an Stellen aufwies, die wiederum als »klassische Erstickungszeichen« gewertet wurden.
Die Schluss der Ärzte: Simone K. habe ihren Sohn Manuel erstickt, vermutlich habe sie Mund und Nase des wehrlosen Kindes mit der Hand oder mit einem Kissen verschlossen. Staatsanwalt Christoph Mackel erhob nach diesem Befund eine Anklage wegen Totschlags, Simone K. sitzt seither in Untersuchungshaft.
Einer medizinischen Begutachtung durch Psychiater und Psychologen hat sich die Frau bislang verweigert. Experten halten es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass Simone K. unter dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidet. Bei dieser Krankheit verletzen Mütter in einigen Fällen ihre Kinder, um Aufmerksamkeit oder Mitleid zu erregen.
Simone K. bestreitet die Vorwürfe. Ein Termin für die Verhandlung vor dem Schwurgericht des Bielefelder Landgerichts steht noch aus.
Das Amtsgericht Bielefeld wird in wenigen Tagen über den Familienrechtsstreit wegen der beiden anderen Söhne des Ehepaars K. entscheiden. Der Vater hat bisher nicht beantragt, ihm das alleinige Sorgerecht zu übertragen. Ob das Gericht einem solchen Antrag folgen würde, ist allerdings fraglich. Denn das Jugendamt der Stadt Bielefeld sieht bei dem Mann ebenfalls das Kindeswohl gefährdet. Die Jungen leben bereits seit Monaten in Pflegefamilien, zwischen Simone K. und ihrem Ehemann läuft das Scheidungsverfahren.
Der Bielefelder Rechtsanwalt Sven Terlinden, der die Interessen der Mutter vertritt, hat inzwischen angeregt, die familiengerichtliche Entscheidung bis zum Abschluss des Strafverfahrens auszusetzen.

Artikel vom 21.04.2005