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»Habe die Hoffnung nicht aufgegeben«

Arminias Torwart Kockel fühlt sich manchmal missverstanden, aber nicht immer schuldlos

Bielefeld (WB). Sieben Spieltage vor Ende der Fußball-Regionalliga-Saison stehen die Amateure des DSC Arminia Bielefeld mit einem Bein in der Oberliga. Trainerwechsel und Nachverpflichtungen haben nicht für einen Umschwung sorgen können. Und auch nicht die Weitergabe der Kapitänsbinde. Torwart Ronny Kockel soll die Mannschaft führen, auch vor deutlichen Meinungsäußerungen scheut er nicht zurück. Mit Kockel sprach Sportredakteur Dirk Schuster.

Herr Kockel, nach der Niederlage gegen Paderborn redeten Sie öffentlich von einer »Regionalliga-Abschiedstournee«? Denken Sie heute noch genau so?Kockel: Auch wenn's jetzt vielleicht komisch klingt, aber ich persönlich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass wir den Klassenerhalt packen.

Wie kommt es zu dem plötzlichen Umdenken?Kockel: Wer mich kennt, weiß, dass ich ein sehr emotionaler Mensch bin. Da kann es schon mal vorkommen, dass man unter Anspannung direkt nach dem Spiel etwas sagt, das man gar nicht so meint. Bei mir dauert es nach einem verlorenen Spiel meist bis nach dem Auslaufen am nächsten Tag, ehe ich emotional wieder auf einem normalen Level bin. Aber wenn nach einer Niederlage die Enttäuschung, der Frust da ist, haut man spontan auch mal etwas Unbedachtes raus.

Müssen Sie diesbezüglich noch etwas an sich arbeiten?Kockel: Es wäre ja merkwürdig, wenn ich keine Fehler machen würde. Aber andererseits: Ich bin jetzt fast dreißig. Da habe ich auch das Recht, mal Klartext zu sprechen, wenn's nicht läuft. Nur vielleicht sollte ich mir angewöhnen, das lieber intern zu tun.

Obendrein sind Sie ja auch noch Kapitän . . . Kockel: Ach ja, dieses leidige Kapitänsthema. Ich sage noch mal ganz klipp und klar: Ich habe mich um dieses Amt nicht gerissen. Das ist mir zugetragen worden, ich habe es angenommen und betrachte es als Auszeichnung. Danach ist die ganze Angelegenheit viel zu heiß gekocht worden. Und mal ehrlich: Hier geht's doch nicht um die Binde, hier geht's um den Klassenerhalt. Mein Vorgänger Carsten Rump wird das garantiert genau so sehen.

Sagen Sie doch mal, wie Sie in Anbetracht der zwölf Punkte Rückstand bei nur einem Spiel weniger als der Tabellenvierzehnte 1. FC Köln Amateure den Klassenerhalt noch bewerkstelligen wollen.Kockel: Ganz einfache Rechnung: Fünf Siege aus den letzten sieben Spielen. Lübeck und Braunschweig auswärts - okay, da sollte man nicht von Punktgewinnen ausgehen. Aber wir haben drei Teams aus dem Keller bei uns in der SchücoArena zu Gast. Da muss doch was möglich sein.

Montagabend wird in Dortmund gespielt. Im Hinspiel gab's eine böse 1:4-Klatsche . . . Kockel: Das Gleiche können wir doch in Dortmund anders herum genau so schaffen.

Sie sagen »wir«. Nach der 0:6-Niederlage zuletzt bei den Amateuren von Hertha BSC wurde Ihnen zum Vorwurf gemacht, Sie sparten sich aus der Kritik heraus und suchten die Schuld nur bei Ihren Teamkollegen. Ein berechtigter Vorwurf?Kockel: Ganz ehrlich: Ich beziehe mich immer mit ein, wenn ich über die Mannschaft urteile. Wenn das anders rübergekommen sein sollte, tut es mir wirklich leid. Aber ich habe das ja auch getan, um die Mannschaft zu pushen.

Aber nach dem Berlin-Spiel wurde mehr über Sie und Ihre Aussagen gesprochen als über das katastrophale Spiel. Haben Ihre forschen Sätze Ihren Mitspielern vielleicht sogar ein Alibi gegeben, hinter dem sie sich jetzt verstecken können?Kockel: Das würde ich niemandem unterstellen wollen.

Angenommen, Arminia verliert auch in Dortmund. Werden Sie dann wieder Ihre Meinung sagen, oder sich auf die Zunge beißen?Kockel: Ich werde mich bestimmt nicht verbiegen. Aber natürlich habe ich mir vorgenommen, etwas genauer darauf zu achten, was ich von mir gebe. Abgesehen davon glaube ich nicht, dass wir in Dortmund verlieren.

Bleiben Sie eigentlich Armine, auch wenn die Mannschaft in die Oberliga absteigt. Oder liegen nach zuletzt starken Leistungen schon Anfragen vor?Kockel: Damit beschäftige ich mich momentan überhaupt nicht. Ich will mit Arminia unbedingt die Klasse halten, weil es gigantisch ist, auf St. Pauli vor 16 000 Zuschauern zu spielen anstatt vor 160 in Sprockhövel oder sonst wo in der Oberliga.

Artikel vom 23.04.2005