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Antike, Barock, Moderne:
Theater, wie's euch gefällt

In diesen Tagen erscheint das neue Theaterprogramm

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Leere Kassen hin, Theaterumbau her -Ê der Spielplan der Saison 2005/06 wird nicht ausgedünnt, sondern aufgestockt. Mit einem beachtlichen Programm will Intendant Michael Heicks jung und alt für Theater made in Bielefeld begeistern.

Die Chance, dass der ideenreichen Mannschaft die Bindung neuer Kreise an die Bühne gelingt, stehen nicht schlecht, denn der Spielplan ist höchst abwechslungsreich. Wem Zemlinskys »Kreidekreis« zu exotisch anmutet, der sitzt eben beim »Nabucco« in der ersten Reihe, und wer bei Jungautoren wie Tom Peuckert »hä?« nachfragt, dem huscht, wenn Namen wie Euripides (»Elektra«), Molière (»Der Menschenfeind«) und Arthur Miller (»Der letzte Yankee«) fallen, ein klassisch gebildetes Lächeln übers Gesicht.
Zudem wollen die drei Sparten - Schauspiel, Oper und Ballett - eng kooperieren, ach was: Künstlerisch befruchten wollen sie sich. Mit Mut und Geschick gehen Musikdramaturgin Anke Hoffmann und Operndirektor Joel Revelle neue Wege durch die Akustik der Oetkerhalle, befreien die »Entführung aus dem Serail« von allem Kulissenzauber, setzen beim »Rosenkavalier« auf Klangschönheit und kombinieren Barock und 21. Jahrhundert in Glucks »Orpheus und Eurydike« zur modernen Tanz-Oper.
Zu guter Letzt werden die Menschen aus Bielefeld und der Region näher an die künstlerischen Produktionen herangeführt. Dies geschieht unter anderem mit Hilfe des neuen Projekts »Tanz aus(ser) der Reihe«: Das Ballett zeigt in Workshops, in der Arbeit mit Schulen und anderen phantasievollen Aktionen, »was wir tun, und wie wir es tun«, wie der vielseitige Tanztheaterleiter Gregor Zöllig ankündigt.
Zu den Höhepunkten zählt zweifellos Terrence McNallys »Meisterklasse«, ein Stück »für Sopran, Tenor und Piano« - und für eine große Schauspielerin: »Das Stück über die Callas ist eine Hommage an Therese Berger, die die Bühne zum Saisonende verlässt«, sagt Intendant Heicks.
Auch ein Bielefelder Autor steht auf dem Spielplan (TAMoben): Nuran Calis, Anfang 30, der in Baumheide aufwuchs, zeigt in »Dogland«, wie sich eine Jugend am Rande der großen Stadt anfühlt.
Nach einem festlichen Auftakt (27. August) und einer ausgelassenen Theaterfete im TAM, am TAM und ums TAM herum (10. September) hebt sich der Vorhang über Shakespeares »Wie es euch gefällt« (16. September). Die Oper geht am 2. Oktober mit Rossini auf die »Reisenach Reims«.
Zum Abschluss des vielfältigen Programms darf gejubelt werden: »Wir im Finale«! Ob wir das im Fernsehsessel tun, weil die Nationalelf nach der WM-Krone greift, ob Basta-Schröder und Visa-Joschka gemeint sind, die noch einmal die Regierungsbänke stürmen - oder ob wir an der Hand Marc Beckers amüsiert durch sein Kolportage- und Collage-Stück und durchs deutsche Jammertal stolpern: »Mit diesem Spielplan hat das Theater die Quadratur des Kreises geschafft.« Sagt jedenfalls Rainer Ludwig. Recht hat er, der Kulturdezernent.

Artikel vom 21.04.2005