05.05.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

»Unterwegs sein ist das Ziel«

»Toten Hosen«-Gitarrist Andreas »Breiti« Breitkopf im Interview

Bielefeld (WB). Nach zwei Jahren haben die Toten Hosen, Deutschlands wohl bekannteste Punk-Band, im vergangenen Herbst ein neues Studio-Album vorgelegt. »Zurück zum Glück« heißt die CD, mit der die »Hosen« nun auf Tour und am 16. Mai zu Gast in der Bielefelder Seidenstickerhalle sind. Mit Gitarrist Andreas »Breiti« Breitkopf sprach Hendrik Uffmann über das Neue des Albums, das Geheimnis des Glücklichseins und den Zusammenhalt einer Band, die seit mehr als 20 Jahren gemeinsam auf der Bühne steht.

Das neue Album heißt »Zurück zum Glück«. Seid ihr unglücklich?Wir selbst sind überhaupt nicht unglücklich. Der Titel kommt von dem gleichnamigen Song, der eine ironische Situationsbeschreibung ist. Das Lied beschreibt die Art und Weise, in der in Deutschland im letzten und auch in diesem Jahr geredet wird. Viele sagen, früher sei alles besser gewesen und fragen nach dem Weg, wie man wieder dorthin kommt. So hört man zum Beispiel sowohl aus dem Westen als auch dem Osten, dass man die Mauer wieder aufbauen sollte. Das Lied soll aber keine Moralpredigt sein, aber vielleicht bringt die Ironie den einen oder anderen ja zum Nachdenken.

Das Stück »Wir sind der Weg« klingt danach, als ob ihr euren Blick dagegen in die Zukunft lenkt.Unterwegs zu sein ist für uns das Ziel, das wollen wir mit dem Lied sagen. Oft wird uns die Frage gestellt, was wir noch alles erreichen wollen, aber darum geht es nicht. Als wir begonnen haben, hatten wir auch nicht das Ziel, irgendwann einmal eine Goldene Schallplatte zu bekommen. Der Antrieb, unser Ding zu machen, hört eigentlich nie auf, und das, was wir dabei erleben, ist, worauf es ankommt.

Auf dem Album gibt es mit »How do you feel?« einen Song auf Englisch. Warum?So etwas entsteht nicht geplant, sondern während der Arbeit an dem Lied. Da Campinos Mutter Engländerin ist, hat er keine Probleme, sich in der Sprache auszudrücken. Und als wir den Song mit einem deutschen Text aufgenommen haben, gefiel er uns nicht so gut. Der englische Text passte einfach besser, deswegen haben wir uns dafür entschieden.

In einigen Kritiken zu der CD heißt es, ihr hättet euch vom Punk zum Rock entwickelt. Wie würdest du die Musik auf dem Album beschreiben?Es gibt keine Schublade, in die ich die Musik stecken würde. Es gibt eine Menge Einflüsse durch die Bands, deretwegen wir selbst angefangen haben zu spielen, wie zum Beispiel »The Clash«, »Rage against the Machine« und »Faith no more«. Wir wollen uns bei unserer Arbeit weiterentwickeln und lernen immer dazu, was uns dann neue Möglichkeiten bietet. Und wir probieren auch neue Sachen aus. So haben wir auf dem aktuellen Album zum Beispiel Gitarrenriffs oder Schlagzeug-Loops, die wir bislang noch nie gespielt haben. Das ist aber kein Stilbruch und wir sind keine Band die ständig versucht, sich neu zu erfinden. Wenn ein Lied gut ist, kommt es auf die Platte.

Wie sehr denkt ihr an die Erwartungen der Fans, wenn ihr eine neue CD macht?Diese Überlegung steht bei uns nicht im Vordergrund. Erstmal müssen die Lieder unseren eigenen Ansprüchen genügen. Dann kommen natürlich auch Einflüsse von außen dazu, spricht man mit Freunden darüber, wie ihnen die Stücke gefallen. Die direkteste Reaktion gibt es aber immer bei den Konzerten. Die spannendsten Momente sind die, wenn man ein neues Stück spielt. Bei manchen denkt man, dass sie super ankommen müssten, und die Resonanz ist schlecht. Und bei manchen Songs, die man vielleicht mehr der Vollständigkeit halber spielt, reagieren die Leute plötzlich toll.

Woher nehmt ihr die Ideen für neue Musik? Die größte Schwierigkeit, wenn man schon so lange zusammen spielt, ist, die Frische zu behalten. Darum versuchen wir, bei der Arbeit an einem neuen Album Äußerlichkeiten zu verändern. Beim jetzigen Album sind wir, wie beim vorherigen »Auswärtsspiel« auch schon, nach Spanien gefahren, um uns ganz auf die Arbeit konzentrieren zu können. So versuchen wir, die Routine aufzubrechen, und das hat auch gut funktioniert.

Die Reaktionen auf »Zurück zum Glück« fallen unterschiedlich aus. Wo ordnest Du das Album im Vergleich zu den vorherigen ein?Ich denke, dass wir uns selbst treu geblieben sind, aber auch etwas Neues gewagt haben. Wir müssen die Musik mögen, damit wir sie spielen können.

Was erwartet ihr von der Tour, die Ende des Monats beginnt, und was wollt ihr den Fans bieten?Ich freue mich total darauf, weil es das ist, was wir am liebsten machen. Es ist klasse, in verschiedenen Städten unterwegs zu sein, Leute wiederzutreffen und vor Tausenden von Zuhörern zu spielen. Die aktuellen Lieder werden wir mit alten Sachen mischen, denn wir sind keine Band, die sagt: »Wir spielen nur die Stücke vom neuen Album und wenn euch das nicht passt, geht doch raus.« Wir freuen uns ja auch, wenn gute Stimmung in der Halle ist.

Gibt es bei euren Konzerten ein festes Programm?Natürliche überlegt man sich vorher, in welcher Reihenfolge was gespielt werden soll. Aber das ändert sich im Laufe einer Tournee. Im November und Dezember haben wir schon einige Konzerte gegeben und dabei gemerkt, welche Lieder ankamen und welche nicht. Und wenn wir länger unterwegs sind, ändert sich das Programm auch schon mal spontan.

Artikel vom 05.05.2005