20.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bisher sieben deutsche Päpste

Nach 480 Jahren nun der achte

Von Peer Meinert
Rom (dpa). Pietro, der Kellner in der Cafébar am Vatikan, hätte nichts gegen Joseph Ratzinger als Papst. »Das wäre gut, da kommen noch mehr Deutsche nach Rom.« Am Abend sollte sein Wunsch Wirklichkeit werden.

Nach 480 Jahren erstmals wieder ein Deutscher an der Spitze - seit gestern Abend ist die Sensation perfekt. Dabei zeigt ein Blick in die Historie: Den bisher sieben Päpsten aus Germanien ist es oftmals nicht gerade gut ergangen.
Da ist Gregor V. (996-999), Sohn des Kärntner Herzogs Otto aus Saliergeschlecht und Vetter des von ihm 996 gekrönten Kaisers Otto III., der erste Papst aus deutschen Landen. Gerade mal 24 Jahre ist er alt, als er die Papstwürde erhält, doch kaum reist Otto III. aus Rom ab, wird er Zielscheibe eines Aufstandes. »Nudus omnium rerum«, nackt und ohne Mittel, verjagen seine Gegner Gregor aus Rom.
Geradezu eine »Drängelei der Teutonen« begann 100 Jahre später, als Kaiser Heinrich III. kurz hintereinander vier Landsmänner auf den Papststuhl hob - eine Wahl und ein Konklave gab es damals noch nicht. Klemens II. (1046-1047), Bischof von Bamberg, kommt nach Rom, mischt sich in die Intrigen des Adels und will die Korruption beenden. Er stirbt nach einem Jahr an Bleivergiftung. Sein Grab im Bamberger Dom ist das einzige Papstgrab nördlich der Alpen. Tragisch ist auch das Ende seines Nachfolgers Damasus II. (1048). Ihn rafft nach nur 23 Tagen die Malaria dahin.
Glücklos war auch Leo IX. (1049-1054), aus Egisheim im Elsass. Auch er kämpft mit Eifer gegen Korruption und Ämterkauf, wird zum ersten echten »Reisepapst« und reformiert die Kirchenführung, doch dann gerät er bei einem Feldzug gegen die Normannen in lange Gefangenschaft. Auch kann er das große Schisma (die Spaltung zwischen Ost- und Westkirche) nicht verhindern - das Jahr 1054 ist noch heute ein schmerzliches Datum in der Geschichte der Kirche.
Nie glücklich wurde Viktor II. (1055-1057). Vom Kaiser regelrecht auf den Papstthron gezwungen, blieb er der Heimat so eng verbunden, dass er sein Bischofsamt in Eichstätt nie aufgab. Stephan IX. (1057-1058) setzte sich für Kirchenreformen ein. Nach nur acht Monaten Amtszeit starb er auf einer Reise in Florenz.
Mit einem schweren Makel ist die Amtszeit des bisher letzten deutschen Papstes Hadrian VI. (1522-1523) behaftet. Der Sohn mittelloser Eltern aus Utrecht, das zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation gehörte, stand der Reformation hilflos gegenüber.
Das »Land Luthers« gilt in Rom noch immer als schwieriges Terrain. In Rom erinnert man sich etwa an den Streit um die Schwangerenberatung der deutschen Kirche vor ein paar Jahren, als der Papst die Bischöfe regelrecht zur Ordnung rufen musste. Allerdings: Es war ganz wesentlich Ratzinger, der sich als Kurienkardinal damals mit den Deutschen anlegte. Überhaupt, der Mann aus Bayern ist mittlerweile seit mehr als 20 Jahren in Rom. »Da gilt er vielen gar nicht mehr recht als Deutscher.«

Artikel vom 20.04.2005