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Zwischen Wahlkreis und Plenarsaal

Angelika Gemkow und Rainer Lux gehören seit 1995 dem Landtag an

Von Michael Schläger
und Stefan Hörttrich (Fotos)
Bielefeld/Düsseldorf (WB). Der Landtag tagt, und keiner sitzt im Plenum. »Das soll's bei uns nicht geben«, sagt Angelika Gemkow. Die Jöllenbeckerin ist seit 1995 Mitglied der CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. »Darauf achtet schon unser Parlamentarischer Geschäftsführer«, ergänzt sie. Vor jeder Plenarsitzung des Parlaments wird festgelegt, bei welchen Tagesordnungspunkten Anwesenheitspflicht gilt.

Der Plenarsaal ist das Aushängeschild des Parlamentes, für die meisten Bürger der Ort, wo die Politik gemacht wird. »Aber das Gros unserer Arbeit findet außerhalb des Plenums statt«, sagt Gemkows Kollege Rainer Lux, der ebenfalls seit 1995 Landtagsmitglied ist, auch der CDU-Ratsfraktion in Bielefeld vorsteht.
Dienstags, 7.22 Uhr, Bielefeld Hauptbahnhof. Gemkow und Lux besteigen den ICE nach Düsseldorf. Dort angekommen, geht's mit der Straßenbahn weiter zum Landtag. Gegen 9.30 Uhr erreichen sie das Rundgebäude am Rheinufer. Bleibt noch eine halbe Stunde, um in der Poststelle der Fraktion die aktuelle Korrespondenz abzuholen und kurz durchzuschauen. Dann, pünktlich um 10 Uhr, beginnt die Fraktionssitzung.
»Das ist der Ort, wo die Haltung der CDU zu einzelnen Gesetzgebungsvorhaben abgestimmt wird und eigene Gesetzesinitiativen abgesprochen werden«, erläutert Lux. Der Umgang ist kollegial, fast freundschaftlich. »Wie läuft's bei Dir?« fragt Gemkow den Kollegen aus dem Rheinland nach dessen Wahlkampfaktivitäten. Und als Fraktionschef und Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers aus der vorbereitenden Sitzung des Fraktionsvorstandes in den Saal kommt, begrüßt auch er die meisten Abgeordnetenkollegen mit Vornamen.
Dienstags ist Fraktionstag. Das gilt für alle im Landtag vertretenen Parteien. Die politische Feinarbeit schließt sich an. Dafür gibt es die Arbeitskreise der Fraktionen. Angelika Gemkow zum Beispiel gehört dem Arbeitskreis Sozialpolitik an. Dort wird im Detail erörtert, was in der Fraktion in eine große Form gegossen werden und anschließend im Plenum vertreten werden muss.
Von mittwochs bis freitags tagen die Fachausschüsse des Landtages. Gemkow ist Mitglied im Sozial und im Frauenausschuss, Lux im Rechtsausschuss. In den Ausschüssen werden die Gesetzesentscheidungen vorbereitet, die das Plenum beschließen muss. Ein- bis zweimal im Monat tagt das Hohe Haus, dann ebenfalls mittwochs und donnerstags.
Eher spartanisch sind die Büros der Abgeordneten eingerichtet. Weiße Möbel im Chic der 80er Jahre, PC, ein Fernseher -Êund eine Couch. »Der ein oder andere verbringt auch schon mal eine Nacht im Büro«, sagt Gemkow. Die Landtagsverwaltung sieht das nicht gern. Aber für die Abgeordneten, die aus dem Sauerland anreisen, aus dem Münsterland oder eben aus Ostwestfalen-Lippe ist die Couch zuweilen die Ersatz-Schlafstatt, weil sie die weitesten Anfahrtswege haben.
»Zimmer oder Wohnungen haben nur die wenigsten hier«, erläutert Lux. Er sieht den Schwerpunkt seiner Arbeit ohnehin im Wahlkreis, daheim in Bielefeld. »Da kommen die Leute und haben konkrete Anfragen.« Vieles davon werde nicht öffentlich. »Da wird einfach geholfen - und fertig.«
Für Lux kommt der Fraktionsvorsitz im Rathaus hinzu. Das bedeutet: Noch einmal Fraktions-, Ausschuss- und Ratssitzungen. Gemkow hat in dieser Wahlperiode der Enquetekommission zur Situation und Zukunft der Pflege in NRW vorgestanden, mit deren Hilfe sich der Landtag ein Bild über die Lage der pflegebedürftigen Menschen machen wollte. Zählen sie ihre Arbeitszeit zusammen, so sind für beide 70-Stunden-Wochen keine Seltenheit.
Ihre Triebfeder ist ein unbändiges Interesse an Politik. Beide engagierten sich schon früh in der Jungen Union, können auf jahrelange kommunalpolitische Erfahrung zurück blicken. Zwischendurch gab es Niederlagen. Aber: »Man kann auch etwas bewegen«, sagt Lux. In den kommenden Wochen kommt es für ihn und Gemkow darauf an, ihre Bielefelder Wahlkreise direkt zu gewinnen. Eine aussichtsreiche Absicherung auf der Landesliste gibt es nicht. Das gilt aber auch für ihre Mitbewerber von der SPD. Für alle lautet diesmal das Motto »Alles oder nichts«.

Artikel vom 28.04.2005