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Ansturm auf Lehrstellen

Rekordzahl in Ostwestfalen -ÊRiesenaufgabe für die Wirtschaft

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). 7338 Jugendliche suchen in Ostwestfalen einen Ausbildungsplatz. Das sind zu diesem frühen Zeitpunkt im April mehr als jemals zuvor in den vergangenen zehn Jahren.

Länger reicht die Statistik der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Bielefeld nicht zurück. Damit steht fest: Ein Ausgleich zwischen denen, die in Ostwestfalen einen Ausbildungsplatz suchen, und dem Lehrstellen-Angebot wird in diesem Jahr noch schwieriger als 2004.
Die meisten Lehrverträge in der Region wurden bisher im Jahr 2000 abgeschlossen. Doch selbst der damalige Spitzenwert von 7082 würde nicht ausreichen, um die gegenüber dem Vorjahr schon jetzt um zwölf Prozent gestiegene Bewerberzahl zufrieden zu stellen. 2004 wurden nach großen Anstrengungen der beiden Industrie- und Handelskammern und der OWL-Handwerkskammer 6592 Lehrverträge neu abgeschlossen -Êfast 400 mehr als 2003.
Ursache für den Ansturm sind neben der in OWL besonders großen Schar Schulabgänger die steigende Zahl Jugendlicher, die zuletzt keine Lehrstelle fanden und sich nun nach einer schulischen Qualifizierung oder sozialem Jahr erneut bewerben.
Anfang April hatte die regionale Wirtschaft den Agenturen für Arbeit 3118 offene Ausbilungsstellen gemeldet. Dies ist nach Angaben von Swen Binner, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld, ein Plus von sieben Prozent. Trotz des Zuwachses gehe die Schere zwischen Angebot und Nachfrage aber weiter auseinander als zum gleichen Zeitpunkt 2004.
IHK-Präsident Herbert Sommer will die Lage nicht dramatisieren. Die Ausbildungsverträge seien seit 1996 um 21 Prozent gestiegen. Demgegenüber sei die Zahl der übrigen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse in OWL um 1,7 Prozent zurückgegangen.
Hauptgeschäftsführer Thomas Niehoff stellte gestern ein Sechs-Punkte-Programm vor. Mit dessen Hilfe wolle die IHK die Lücke zum Stichtag 30. September möglichst klein halten. Vier Ausbildungsplatz-Akquisiteure sollen wie im Vorjahr bei den Unternehmen »Klinken putzen«. Ähnliche Anstrengungen kündigte Helmut Brodowski für die OWL-Handwerkskammer an, die ihr Angebot 2004 um 10,2 Prozent erhöht hatte.
Die Kammer klagte erneut, dass ein Teil der Bewerber nicht über die schulischen Qualifikationen verfüge. Anderen fehle es an Arbeitsdisziplin und Verantwortungsbewusstsein. 2004 hätten sich vor allem gegen Ende viele dem Beratungsangebot der IHK verweigert. Wer dies auch 2005 tue, solle zu einem früheren Zeitpunkt aus der Statistik herausgenommen werden. Binner schätzt die Zahl derer, die gar nicht wirklich ausbildungswillig sind, auf vier bis fünf Prozent eines Jahrgangs. S. 4: Kommentar
Bericht: Wirtschaft

Artikel vom 19.04.2005