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Bierhake legt »Gefühle auf Eis«

Ein Torverhältnis von minus 47: Schlechte Karten für die HSG Bielefeld


Bielefeld (WB/jm). Wenigstens einer aus dem Lager der HSG Bielefeld durfte am Wochenende ausgiebig feiern - der mit dem kahl rasierten Haupt: HSG-Physiotherapeut Martin Franz, »nebenbei« noch Torhüter des TuS Brockhagen, brachte mit seinem Team am Samstag vorzeitig den Aufstieg in die Handball-Landesliga unter Dach und Fach. »Darauf haben wir seit vier Jahren hingearbeitet«, strahlte der 22-Jährige, als Stimmungskanone auf der Bank auch als »Einpeitscher« unverzichtbar.
Derweil haben die Hoffnungen auf den Nichtabstieg bei Carl-Moritz Wagner (»Wir sind mit so viel Herzblut an die Sache rangegangen. Die Enttäuschung bei mir ist gigantisch«) und Co. einen weiteren Dämpfer erhalten. Wie Punkt III, Ziffer 18 den Spielbetriebsregularien besagt, entscheiden in der Reihenfolge erst das Punkt- und dann das Torverhältnis über die Abstiegsfrage. Sollte dann immer noch ein Gleichstand zwischen Mannschaften existieren, würde ein Entscheidungsspiel angesetzt.
Für die HSG Bielefeld - hier herrschte bis gestern der Glaube vor, der direkte Vergleich hätte Priorität - bedeutet dies, dass der Drei-Punkte-Rückstand auf den Tabellendreizehnten Mönchengladbach de fakto vier Zähler beträgt. Denn die Gladbacher (756:770) weisen eine Tordifferenz von minus 14 auf, die Bielefelder (773:820) von minus 47.
Der direkte Vergleich wäre in diesem Fall ohnehin kein geeigneter Rettungsanker gewesen. Gladbach, am kommenden Sonntag (17.30 Uhr) zu Gast in Heepen, hatte die Holtmann-Crew Anfang Dezember 2004 mit 34:22 aus der Halle gefegt. Immerhin ein weiterer Motivationsanreiz, den Spieß umzudrehen. »Um unsere theoretische Chance zu wahren, müssen wir jetzt alle drei Spiele gewinnen. Sonst hat sich sowieso alles erledigt«, sieht Trainer Heiko Holtmann weiterhin eine Minimalchance, mit 25 Zählern die Regionalliga zu erhalten. »Aber es müssen uns noch andere mithelfen«.
Der Ärger über die zurückliegenden vier Spiele ist beim Coach groß: Statt acht möglicher Zähler addierte der Vorletzte als schwächste Heimmannschaft der Liga bloß einen auf sein Konto. »Am Sonntag hätte Rheinhausen nur andere Trikots anziehen brauchen. Da hätte auch Hagen oder Haan drauf stehen können«, trauert Holtmann verpassten Möglichkeiten hinterher. »Die leichten Fehler sind immer die gleichen und in der Summe eindeutig zu viel«. Aus diesem Grunde und »weil keine Weiterentwicklung erkennbar ist«, hat er auch auf eine Videokamera verzichtet.
Holtmann sieht bei Spielern wie Rechtsaußen Marcel Volmer, der zu Saisonbeginn noch eine Trefferquote von 80 Prozent aufwies, »das Selbstvertrauen in der Hose«. Das Problem: »Einige zweifeln an sich selbst und überlegen zu viel«. Die Lösung lebte Michael Bierhake vor. Der übernahm am Sonntag Verantwortung und erzielte die letzten beiden Treffer zum Remis.
»Michael weiß, dass er das kann. Auch wenn er vorher verworfen haben mag - er legt dann einfach alle Gefühle auf Eis und tut die Bälle rein«, wünscht sich Holtmann mehr Spieler, die aus diesem Holz geschnitzt sind.

Artikel vom 19.04.2005