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»Die Brücke Rom - Paderborn steht«

Weihbischof Manfred Grothe: Diözese kennt den neuen Papst seit langem

Paderborn (WB). Die Fortführung des Erbes von Johannes Paul II. erwartet der Paderborner Weihbischof Manfred Grothe von dem neuen deutschen Papst, Benedikt XVI. Die Verbindung zwischen Rom und Paderborn könnte noch enger werden. Das Interview führte Reinhard Brockmann.
Weihbischof Manfred Grothe wurde 1939 in Warburg geboren, 2003 Generalvikar des Erzbistums und 2004 zum Bischof geweiht. Außerdem ist er Bischofsvikar für die Caritas und Vorsitzender des Diözesan-Caritasverbandes Paderborn.

Was war Ihr erster Gedanke, als sie gestern Abend vom Ausgang des Konklaves erfahren haben?Grothe: Ich habe mich aus ganzen Herzen sehr gefreut. Seit meiner Studentenzeit schätze ich Kardinal Ratzinger als Theologen hoch ein. Bei einer Reihe von persönlichen Begegnungen konnte ich diesen Eindruck immer wieder vertiefen. Zuerst habe ich nicht glauben können, dass er sich bereit erklärt hat, diese schwere Aufgabe noch wahrzunehmen. Um so mehr freut es mich jetzt, dass er tatsächlich gewählt worden ist - und zwar mit eine großen Mehrheit nach nur ganz wenigen Wahlgängen.

Sie sagen, es war eine gute Wahl. War es auch eine »Paderborner« Wahl?Grothe: Ganz gewiss. Unser verstorbener Kardinal Johannes Joachim Degenhardt hatte schließlich engste Beziehungen zu ihm. Paderborn ist Ratzinger sehr gut bekannt. Er war wiederholt hier bei uns zu Besuch. Auch unsere Diözese kennt und schätzt ihn seit langen Jahren

Die Erwartungen an den neuen Papst Benedikt XVI. sind gewaltig. Kritiker halten ihn für stock-konservativ und zu keinen Reformen fähig.Grothe: Er wird den Kurs von Papst Johannes Paul II. mit Sicherheit nicht wesentlich ändern. Beide haben gemeinsam die wichtigen Entscheidungen der Vergangenheit getroffen und verantwortet. Wie ich Kardinal Ratzinger kennengelernt habe, wird er als neuer Papst diese Linie fortsetzen. Sie entspricht voll seinem theologischen Ansatz. Seine Amtszeit wird stark geprägt sein von dem Wunsch, das theologische Erbe seines Vorgängers aufzunehmen und fortzuführen - allerdings mit seinen Möglichkeiten, die er als erfahrener Theologe und Seelsorger hat. Ich erwarte, dass Benedikt XVI. hier aber auch eigene Akzente setzen wird. Papst Johannes Paul II. war mehr der Philosoph, der mit Theologen diskutierte, um dann Entscheidungen zu treffen.

Müssen sich seine Kritiker warm anziehen, weil mit Ratzinger ein blitzgescheiter Kopf den geschliffenen Disput geradezu sucht?Grothe: Ganz gewiss. Er ist nie einem Dialog ausgewichen und hat sich kritischen Nachfragen gestellt. Dabei hat er, wie in seinen Büchern nachzulesen, den Anfragen Stand gehalten. Er muss vor niemandem zurückweichen, weil er als Theologe in seinem Tiefsten immer sehr authentisch gewesen ist.

Hat die seit langem existierende Brücke von Paderborn nach Rom weiter Bestand?Grothe: Aber ja: Es gibt im Vatikan zum einen den Bischof Joseph Clemens, der die Brücke weiter hält. Aber auch Erzbischof Paul Cordes (früher Paderborn, heute Rom) hat enge Kontakte zu ihm und arbeitet schon lange mit Joseph Ratzinger zusammen. Deshalb glaube ich, dass die Beziehung nicht nur aufrecht erhalten bleibt, sondern vielleicht sogar noch vertieft werden kann.

Artikel vom 20.04.2005