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Gerüstet gegen
die Konkurrenz
Beide Seiten wollen profitieren
Nach der Wiedervereinigung waren an der ehemaligen innerdeutschen Grenze die unterschiedlichen Lebensbedingungen deutlich sichtbar. Ganz besonders wurde in Mecklenburg-Vorpommern der Tourismus gefördert.
In Schleswig-Holstein erkannte man viel zu spät, welch mächtiger Konkurrent da wuchs. Anderswo horchten Politiker auf. Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider: »Wir investieren massiv in unseren Tourismus, um nicht gegen die Modernisierung von Slowenien den Kürzeren zu ziehen.«
Auch im Bayerischen Wald ist man gerüstet: Vom deutsch/tschechischen Nationalpark will man auf beiden Seiten profitieren. 14 Orte haben sich zusammengeschlossen. Zwiesels Kurdirektor Emil Kronschnabl: »Noch haben wir einen Vorsprung von vier bis fünf Jahren. Aber jetzt bekommen wir keine EU-Förderung mehr, sondern die Tschechen.«
Auf deutscher Seite ist man gut aufgestellt: Mit der Glasstraße hat man eine Attraktion von internationalem Zuschnitt. Die Tschechen setzen auf die Städte Pilsen, Marienbad und Prag. Beim Wander- und Wintertourismus aber haben das Langlaufzentrum Bodenmais und die Abfahrtsstrecken am Großen Arber Konkurrenz in Spicak bekommen. Die Tschechen bemühen sich sehr, um gute Gastgeber zu sein: Überall wird gebaut und renoviert, der Service ist exzellent.
Gute Aussichten also für den Fremdenverkehr, obwohl dieses Wort in Tschechien auch anders definiert wird. In Zelezna Rudá haben Bordelle und Nachtclubs den Sextourismus angekurbelt, das nötige Kleingeld kann man mit Glück in den Casinos gewinnen. Die Gewinne fließen an die Russenmafia und Regierungsmitglieder in Prag, die wütenden Kommunalpolitiker sind machtlos. Immerhin mussten die Dirnen die Straßen räumen, wo jetzt Vietnamesen hölzerne Windmühlen, Gartenzwerge und gefälschte Markenprodukte verkaufen. Kronschnabl: »Diese Art von Geschäften haben dazu geführt, dass die Mafia ihre Fühler nach Deutschland ausstreckt. Das müssen wir mit aller Kraft verhindern.« Thomas Albertsen

Artikel vom 23.04.2005