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Verbraucher
knausern
beim Einkauf

Preis jetzt wichtiger als Qualität

Bielefeld (WB/kol/dpa). Die Deutschen werden beim Einkauf wieder knausriger. Laut einer Umfrage lassen sich jetzt 43 Prozent der Verbraucher vom Preis und nicht mehr von der Qualität leiten. Mehr als jeder zweite Deutsche legt zusätzlich Geld zur Vorsorge zurück. Gründe sind die hohe Arbeitslosigkeit und die schwache Konjunktur.

Auch die Bundesregierung wird Konjunkturerwartungen nach Presseinformationen deutlich nach unten korrigieren. Statt der bislang unterstellten 1,6 Prozent rechneten die Experten der Regierung für 2005 nur noch mit einem Plus von einem Prozent, berichtete die »Welt am Sonntag«. Für 2006 werde ein Wachstum von etwa anderthalb Prozent erwartet.
Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums nannte den Bericht »Spekulation«. Die Frühjahrsprognose der Regierung werde erst am 29. April vorgelegt. Forschungsinstitute, Europäische Union, Internationaler Währungsfonds und Bundesbank hatten jedoch zuvor schon ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum drastisch abgesenkt.
Die unsichere Lage am Arbeitsmarkt ist nach einer Umfrage der Unternehmensberatung MC Marketing Corporation Hauptgrund dafür, dass die Deutschen ihr Geld wieder stärker zusammenhalten. 54 Prozent der Befragten gaben an, derzeit zusätzlich Geld für Notsituationen zurückzulegen.
Zugleich achteten die Konsumenten stärker auf den Preis. Nur noch 43 Prozent der Befragten gaben an, beim Kauf in erster Linie auf Qualität zu achten. Damit habe der Wind gegenüber der vorangegangenen Umfrage vor einem halben Jahr wieder deutlich gedreht. Damals nannten noch 83 Prozent der Befragten Qualität als wichtigstes Kriterium für eine Kaufentscheidung. Nur 17 Prozent war der Preis am wichtigsten.
Die Ergebnisse der Befragung sind dem Einzelhandelsverband zufolge nur zum Teil auf Ostwestfalen-Lippe zu übertragen. Bis Mitte März habe es tatsächlich deutliche Kaufzurückhaltung gegeben, sagte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des OWL-Einzelhandelsverbandes, gestern dieser Zeitung. Einen gravierenden Wechsel im Kundenverhalten könne er nicht feststellen. Ausgeprägt sei das Preisbewusstsein vor allem im Lebensmitteleinzelhandel. »Die Kunden gehen davon aus, dass sie auch beim Discounter und im Supermarkt gute Qualität bekommen - beispielsweise bei der Milch«, sagte Genth. Dass die Verbraucher andererseits durchaus mehr Geld für hohe Qualität auszugeben bereit seien, zeigten erfolgreiche »Nischengeschäfte«. Beispiele seien Schuh- und Textileinzelhandel.
Trotz des stärkeren Preisbewusstseins fühlen sich die meisten Befragten (63 Prozent) der MC-Umfrage zufolge von Werbung genervt, die vor allem auf niedrige Preise abzielt. »Eigentlich sind die Leute den Pessimismus und die Zukunftsängste leid«, sagte MC-Chef Manfred Niedner. »Sie wissen nur nicht, wie sie aus der aktuellen Negativ-Spirale herauskommen sollen.«

Artikel vom 18.04.2005