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»Verantwortung
nicht entziehen«

Gedenken an die KZ-Befreiungen

Berlin (dpa). In den früheren Konzentrationslagern Sachsenhausen, Ravensbrück und Bergen-Belsen haben Überlebende und Politiker gestern der Befreiung vor 60 Jahren gedacht. Sie warnten eindringlich vor einem Erstarken von Rechtsextremismus und Antisemitismus in Deutschland.
»Wer sich bedroht fühlt, muss sich lauter zu Wort melden«: Paul Spiegel.
Außenminister Joschka Fischer (Grüne) erinnerte im früheren KZ Sachsenhausen bei Oranienburg an die Verantwortung für den Holocaust. »Es waren Deutsche, die das Menschheitsverbrechen der Schoah befohlen, organisiert und begangen haben«, sagte Fischer vor 450 Überlebenden und ihren Angehörigen aus aller Welt. Die Deutschen »können, dürfen und werden« sich der Verantwortung niemals entziehen.
Im niedersächsischen Bergen-Belsen forderte der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, dazu auf, rechtsextreme Tendenzen noch stärker zu bekämpfen. »Antisemitismus und die Diskriminierung von Minderheiten stellen nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Staaten nach wie vor eine ernstzunehmende Gefahr dar«, sagte Spiegel.
Unter den Überlebenden von Bergen-Belsen war auch die frühere Präsidentin des Europaparlaments, Simone Veil. Sie sagte, keiner der früheren Häftlinge könne den Horror des KZ vergessen: »Es gab hier keine Gaskammern. Das war aber auch nicht nötig. Die Selektion erfolgte durch Typhus, Hunger und Durst.«
In Ravensbrück mahnte Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) gestern: »Die geschichtliche Lehre aus den Erfahrungen des Dritten Reiches, aus den Erfahrungen des Holocaust, hat unser Volk offensichtlich nicht ein für alle Mal gezogen.« Schmidt appellierte, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus auch mit Zivilcourage entgegenzutreten.

Artikel vom 18.04.2005