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Durchbruch: Im Norden
steht große Koalition

Vertrag unterzeichnet - Parteitage müssen zustimmen

Kiel (dpa). Acht Wochen nach der Landtagswahl haben sich CDU und SPD in Schleswig-Holstein auf eine große Koalition geeinigt. Am frühen Samstagabend unterschrieben die Landesvorsitzenden Peter Harry Carstensen (CDU) und Claus Möller (SPD) in Kiel den Koalitionsvertrag.

Mit kräftigem Händedruck besiegelten sie das Bündnis, nach dem die Verhandlungen zuletzt im Poker um die Plätze im Kabinett schwer ins Stocken geraten waren. Die SPD übernimmt vier Ministerien, die CDU drei.
Jetzt müssen Landesparteitage am nächsten Samstag endgültig über das schwarz-rote Regierungsbündnis entscheiden. Am 27. April soll Carstensen zum Ministerpräsidenten und Nachfolger von Heide Simonis (SPD) gewählt werden, die seit 1993 amtiert. Damit würde die CDU erstmals seit 1988 wieder den Regierungschef stellen. Simonis war vor einem Monat mit der Neuauflage von Rot-Grün gescheitert.
»Die Koalitionsverhandlungen sind mit großer Verantwortung geführt worden«, sagte Carstensen. Er erwarte ein stabiles Bündnis. »Jeder wird sein Gesicht wiederfinden, jeder wird sein Programm wiederfinden«, meinte er. »Der Koalitionsvertrag ist auf Augenhöhe verhandelt worden«, stimmte SPD-Landeschef Möller zu. Die Koalition werde ein zeitlich befristetes politisches Bündnis. Möller sprach ähnlich wie Carstensen von teils schwierigen, aber fairen Kompromissen.
Als Schwerpunkte nennt der 59-seitige Koalitionsvertrag Wirtschaft und Arbeit, Bildung, Verwaltungsmodernisierung, Sanierung des maroden Haushaltes und Ausbau der norddeutschen Kooperation. CDU und SPD vereinbarten unter anderem, die Nettoneuverschuldung in der neuen Legislaturperiode zu halbieren.
Für die Schulen soll es zusätzlich 150 Millionen Euro geben. Allerdings wurde auch beschlossen, die Arbeitszeit der Beamten vom 1. August 2006 an um eine Wochenstunde zu verlängern; für Lehrer wäre dies eine halbe Unterrichtsstunde zusätzlich. Das dreigliedrige Schulsystem wird in der neuen Wahlperiode auf Drängen der CDU nicht angetastet.
Der Haushaltsexperte der CDU-Bundestagsfraktion, Dietrich Austermann, soll Wirtschafts- und Wissenschaftsminister werden. Der bisherige Finanzminister Ralf Stegner (SPD) wird Innenminister, das Finanzressort übernimmt der CDU-Landtagsabgeordnete Rainer Wiegard. Als Vize-Regierungschefin wurde die alte und neue Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) benannt. Gitta Trauernicht (SPD) bleibt Sozialministerin; der bisherige Finanzstaatssekretär Uwe Döring (SPD) übernimmt den Posten des Justizministers. Für Landwirtschaft und Umwelt ist der ehemalige CDU-Europaabgeordnete Christian von Boetticher zuständig. Kommentar

Artikel vom 18.04.2005