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Anzeige gegen Schulleiter

Schulboykott: Sorgerecht kann entzogen werden

Landrat Manfred Müller beklagt die Verachtung von Lehrern.

Von Bernhard Liedmann
Paderborn (WB). Im Streit um den Schulboykott von sieben baptistischen Familien im Kreis Paderborn hat jetzt der Kreis Strafanzeige gegen den Vorsitzenden der Philadelphia-Schule, Helmut Stücher, erstattet. Stücher hatte in einem Schreiben an das NRW-Schulministerium mit einem »totalitären Unrechtsstaat« gedroht.
Die Baptisten, so Stücher in dem Schreiben, »treten auch hier im Notfall brüderlich füreinander ein. Sie haben mit ihre zigtausend Kindern das Potenzial, Deutschland über Nacht in einen totalitären Unrechtsstaat zu verwandeln.« Die angedrohten Zwangsgelder gegen die Eltern seien »menschenrechtsverletzend und gotteslästerlich«, weil die Eltern nach ihrem Gewissen handelten.
Der Kreis Paderborn hat aufgrund dieser Äußerungen Strafanzeige gegen Stücher gestellt und die Staatsanwaltschaft um strafrechtliche Ermittlungen gebeten. Man sei nicht bereit, sich in dieser Art und Weise beschimpfen und bedrohen zu lassen. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnte der Straftatbestand der Volksverhetzung in Frage kommen.
Paderborns Landrat Manfred Müller hat zudem in Briefen die sieben Elternpaare aufgefordert, sich von den Äußerungen Stüchers zu distanzieren, da sie auch eine Verachtung staatlicher und gesetzlicher Regeln zum Ausdruck brächten. Müller: »Es ist nicht hinnehmbar, dass Pädagogen, Eltern und Schüler, die nicht Ihrer extremistischen Glaubensrichtung angehören, pauschal verdammt und verachtet werden.«
Es könne nicht angehen, dass die Chancen einer freiheitlichen Gesellschaft in Anspruch genommen würden und gleichzeitig vorsätzlich gegen ihre gesetzliichen Bestimmungen verstoßen werde, erklärte Müller. Der Landrat abschließend zu den Eltern: »Seien sie versichert, dass wir alles tun werden, um den Bildungsanspruch Ihrer Kinder durchzusetzen. Das kann bis zum Entzug des Sorgerechts gehen.«

Artikel vom 19.04.2005