15.04.2005 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Handwerker
in Schanghai

Interesse an dualer Ausbildung

Von Bernhard Hertlein
Schanghai/Paderborn (WB). Chinas Wirtschaft boomt. Häufig aber mangelt es bei den Produkten noch an Qualität. Dies ist, so Peter Gödde, eine Chance für einzelne deutsche Betriebe und eine Aufgabe für die Organisationen des deutschen Handwerks.

Gödde, Vorstandsmitglied der Stiftung Bildung und Handwerk und Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Paderborn, war einer von 17 Teilnehmern einer von der Stiftung und der Bielefelder Fachhochschule des Mittelstandes durchgeführten China-Reise. Dabei stellte sich heraus, dass der Mangel an Fachkräften die Firmen im Reich der Mitte zusehends belastet. »Jedes Unternehmen«, so Gödde, »verliert im Verlaufe eines Jahres etwa ein Fünftel der Belegschaft, weil sie von anderen abgeworben wird.«
Um das Problem zu entschärfen, müsste die Ausbildung intensiviert werden. Hier sind die chinesischen Partner des Handwerks offenbar interessiert, vom dualen Ausbildungssystem in Deutschland zu lernen. Ein erster Schritt wäre eine Kooperation zwischen der Paderborner Stiftung und Handwerk, der OWL-Handwerkskammer und berufsbildenden Schulen in China. Die Stiftung hat bereits Erfahrungen mit ähnlichen Projekten in Polen (Kaufmännische Fachhochschule), Spanien (gewerbliche Berufsschule) und Estland (Technologieschule für Elektronik und Informatik) sammeln können. »Trotzdem ist ein solches Projekt in China eine gewaltige Herausforderung«, meinte Gödde.
Die von Rektor Prof. Gerhard Klippstein geführte Fachhochschule des Mittelstandes nutzte die Anwesenheit der Handwerker-Delegation, um in der Stadt Suzhou das Deutsch-Chinesische Mittelstandsinstitut einzuweihen. Anfang September sollen hier die Vorlesungen beginnen. Das betriebswirtschaftliche Studium endet mit einem Bachelor, der sowohl in China als auch in Deutschland anerkannt wird.
Die Handwerker aus OWL, darunter Dachdecker, Maler und Metallverarbeiter, nutzten die Reise, um sich bei deutschen Firmenvertretern im Großraum Schanghai über Chancen, Risiken und Rahmenbedingungen eines Engagements in China zu informieren. Dabei stellte sich heraus, dass das enorm schnelle Wachstum in der Bauwirtschaft oft auf Kosten der Qualität gehe. Reiche Chinesen und ausländische Investoren äußerten, so Gödde, deshalb schon den Wunsch, dass ausländische Gast-Handwerkerbetriebe den Qualitätsstandard anheben. Allerdings setze das in China geltende Lohnniveau - Monatslohn für einen Facharbeiter umgerechnet zwischen 120 und 200 Euro -Ɗsolchen Projekten Grenzen. Gödde: »Auf Dauer ist es sicher nicht rentabel, deutsche Fachhandwerker in China arbeiten zu lassen.«

Artikel vom 15.04.2005