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Das neue Ziel
der Schalker:
Zweiter bleiben

Assauer-Geständnis: fehlende Klasse

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). »Ihr werdet nie Deutscher Meister!« Der Spott-Spruch aus der Hamburger Ecke war gemein und er stimmte auch nicht. Denn der FC Schalke 04 hat zwischen 1934 und 1958 immerhin schon sieben Mal den Titel geholt, der HSV kommt hier »nur« auf ein halbes Dutzend.

Aber die Norddeutschen haben mit dem 2:1-Sieg in der Arena verhindert, dass die Königsblauen im Mai 2005 endlich mal wieder ein Meisterstück feiern dürfen. Aus. Vorbei. Gelaufen. Und wie rasend schnell das ging. Am 13. März, nach dem 1:0 gegen die Bayern, stand Schalke mit drei Punkten Vorsprung ganz oben.
Fünf Wochen und nur vier Partien später haben sie schon alles verspielt. Torjäger Ebbe Sand, der sich eine Meister-Krönung so sehr gewünscht hatte, er war enttäuscht und traurig: »Ich bin immer Optimist, aber auch Realist. Wir haben sechs Zähler Rückstand auf Bayern München und dazu noch das schlechtere Torverhältnis. Wir packen es nicht mehr.«
Das sagte keiner im Schalker Lager so deutlich wie Sand, aber so sehen es alle. Kapitän Frank Rost wollte zwar keine »wöchentlichen Wasserstandsmeldungen zum Tabellenstand« abgeben, doch auch der Torwart wusste genau: Die Meisterchancen wurden durch drei Niederlagen in den letzten vier Spielen weggespült.
Ralf Rangnick, ebenfalls sichtlich geschockt, nahm das Wort »Titel« gar nicht mehr in den Mund. Der Trainer verkündete stattdessen das neue Schalker Saisonziel: »Wir müssen sehen, dass wir den zweiten Platz verteidigen und uns damit direkt für die Champions League qualifizieren.«
Seine Mannschaft wackelt in der finalen Saisonphase, selbst sonst souveräne Stützen werden nervös und machen folgenschwere Fehler. Beim 0:3 in Stuttgart patzte Bordon, das 1:2 gegen den HSV war ein Eigentor von Krstajic.
Auch die frühe Führung durch Gerald Asamoah sorgte nicht für Ruhe und Rückenwind. Nach der Pause wurde Schalke immer nervöser und tat viel zu wenig in der Offensive. Die Hamburger erkannten ihre Chance und nutzten sie eiskalt zum verdienten Sieg.
Manager Rudi Assauer war der Meinung: »Unsere komplette Truppe hätte dieses Spiel nicht verloren.« Mit Bordon, Lincoln (beide gesperrt) sowie Pander und Vermant (beide verletzt) fehlten immerhin vier Stammspieler. Assauer kleinlaut: »Das können wir nicht kompensieren. Wir haben keine so starken Spieler 12, 13, 14, 15 oder 16 wie der FC Bayern. Da fehlt uns einfach die Klasse.«
Ein ehrliches Geständnis und eine klare Erkenntnis. Er hat in den vergangenen Jahren ganz groß eingekauft, für den meisterlichen Wurf reicht es im Mai 2005 aber wieder nicht. »Wenn man es ganz nüchtern betrachtet, dann ist der Titel weg«, sagte der Manager.
Warum? Zu wenig Könner im Kader. Zu nervenschwach. Zu hart und zu hektisch, sie kassierten auch gegen den HSV wieder sechs Gelbe. Und noch ein ganz entscheidender Grund für den Leistungsabfall: Die Schalker spielten nach dem Rangnick-Antritt monatelang über dem Limit, jetzt bleiben sie unter ihren Möglichkeiten.
Eine kritische Phase. Die Mannschaft muss sich steigern. Sofort. Denn schon morgen kommt Werder Bremen zum Pokal-Halbfinale in die Arena. Die Meisterschaft ist bereits weg. Noch so ein schwacher Auftritt wie gegen den Hamburger SV, und das Cup-Rennen ist ebenfalls gelaufen.

Artikel vom 18.04.2005